Rhön-Rad Marathon Super-Cup

Lesezeit: 5 Minuten

212,7 km | 3.726 Höhenmeter


Nach einer zweiten kurzen Nacht mit automatischem aufgeregten Aufwachen um 4:29 Uhr in einer komfortablen kleinen Pension in Bad Salzschlirf ging es nach einem recht übersichtlichem Frühstück, bestehend aus drei Honigbrötchen und drei Tassen Kaffee mit dem Auto ins 10 km entfernte Bimbach. Die freiwillige Feuerwehr dirigierte uns professionell auf die Wiese der Grundschule, welche für diesen Tag als Parkplatz dienen sollte.

Wir fuhren mit unseren Rädern zum Start und reihten uns 10 Minuten vor 6 in die wartenden Menge ein. Es roch nach Massageöl und die Veranstalter versuchten uns mit Eye of the Tiger und AC/DC zu motivieren. Ein gemeinsamer Countdown ging den Radlern aber nicht über die Lippen und so ging es ohne diesen um punkt Sechs raus aus Bimbach.

Der Weg war uns bekannt: So kamen wir gestern ins Ziel: Die Runde ging heute entgegengesetzt des Uhrzeigersinns und es waren noch einige Nettigkeiten gegenüber der RTF eingebaut worden, von denen sich die Erste gleich nach 28 km Fahrt in den Weg stellte: Die Ebersburg mit ihren kurzzeitigen 18% wollte erzwungen werden und zwang auch schon gleich einige Radfahrer zum Absteigen und schieben. Einen Spindler-Pass-Bezwinger wie mich, konnte das allerdings nicht wirklich schocken: Einfach, mit dem nun perfekt eingestellten Schaltwerk, schalten und kurbeln und wegbügeln war die Devise.

Die Beine fühlten sich erstaunlich gut an. Ich hatte auch meine gestrige negative Einstellung geswitched und die Berge für heute nicht mehr als Feinde sondern als Herausforderung deklariert. So ließ sich auch die kurz darauf folgende Wasserkuppe, für meine Verhältnisse, erstaunlich souverän fahren und ich war überrascht als ich schon oben bei der Segelfliegerstation war und die anschließende lange Abfahrt genießen durfte. Am Wegesrand hing immer wieder Zeitungspapier im Gebüsch. Ein sicheres Indiz dafür, das sich die Führenden, weit vor mir, den Rad-Marathon ganz schön Ernst nahmen und perfekt vorbereitet waren.

Im Tal bogen wir links ab und es ging hinauf zum Schwedenwall. Praktisch das wir diesen Anstieg gestern schon in umgekehrter Richtung als Abfahrt gefahren sind: So wusste ich genau was mich erwartet und konnte den Anstieg relativ entspannt nehmen. Oben gab es heute hervorragende Versorgung: Für die Marathonfahrer wie mich, die ein grünes Armbändchen erhalten hatten, stand ein VIP-Buffet bereit, an dem es neben Käsestullen, Panetone Kuchen und Müsli, auch diverse Schokoriegel gab. Sehr nett. Nun bloß nicht zu viel futtern: Es liegen noch einige Höhenmeter vor mir.

Erstaunt begegnete ich auch Karin, die ein paar Cottbusser kennengelernt hatte, mit denen sie gut fahren konnte. Ich wollte alleine weiter. Heute war nicht mein Tag für Gruppenfahren. Das merkte ich auch immer wieder in den kommenden flachen Sektoren. Immer wieder überholten mich Gruppen an die ich mich für Windschatten ranhängen konnte. Das machte ich ein paar Minuten mit, dann wurde es mir zu unruhig hinten, ich ging für ein paar Minuten an die Spitze, verlor aber auch da schnell die Lust, die mir unbekannte Gruppe zu führen und so verabschiedete ich mich das ein ums andere mal mit einem Ellenbogenwink und ließ mich zurück fallen.

Ich überlegte angestrengt was mit mir los war, wo mein Competitive-Edge geblieben war. Leider fand ich keine Antwort, merkte aber das dieser Marathon mehr zu bieten hatte als Kopf unten, Kette rechts, konzentriertes Hinterrad-glotzen des Vordermannes und hektische Tempowechsel.

Ich machte mir auch immer wieder über diese Sätze auf den ersten Seiten des aktuellen Assos Kataloges gedanken:

Als wir mit dem Radfahren begannen, sind wir noch mit den Gedanken gefahren, anderen zu zeigen, das wir besser, schneller und stärker sind als sie. Doch dann haben wir uns weiterentwickelt und festgestellt, das es eigentlich niemanden interessiert, denn den eigentlichen Wettkampf bestreitet man gegen sich selbst.

Die Landschaft und der Frühling hatten heute Priorität.

Am Kontrollpunkt 3 in Fladungen merkte ich das mein Hinterrad wieder Luft verlor. Ich hatte den Fremdkörper aus meinem Mantel am Vortag wohl doch nicht finden können. Ich ließ von einem Helfer den Servicewagen anrufen und dieser erschien auch wenig später und ersetzte meinen hinteren Mantel und Schlauch. Für einen Pauschalpreis von 18 EUR. Fair. Tun musste ich nichts, nur bezahlen und in der Sonne Milchreis essen und den beiden Mechanikern zusehen wie sie mein Hinterrad wieder zu neuem Leben erweckten. Genial!

Nun folgte ein langer Anstieg hinauf zur Hochröhnstraße. Oben auf dem Kamm hatten wir heute Rückenwind und es ließ sich gut fahren, denn ich freute mich schon auf die rasante Abfahrt herunter nach Hilders.

Dort teilte sich die Strecke und es ging wieder hinein in den Berg. 118 km waren zurückgelegt und ich merkte wie meine Muskulatur in den Beine begann zu zu machen. Ich hielt sofort an, bevor der erste Krampf kommen konnte und nahm eine Limptar, die die Verspannungen unmittelbar löste. Ein Nutrixxion Gel Lemon Fresh, welches vor dem Start den Marathonfahrern im Starterpaket mitgegeben wurde, wollte nun auch von mir verzehrt werden. Über Geschmack läßt sich ja bekanntlich streiten, aber das war so ziemlich das Merkwürdigste was ich bisher an Gels probiert hatte: Es schmeckte nach Pfefferminzbonbon-Hustensaft-Limonen-Kaugummi. Nicht gerade ein kulinarischer Hochgenuss aber es sollte mich ja auch nur den Berg hoch bringen. Kaufen würde ich sowas nicht.

Oben auf dem Kamm des 815 Meter hohen Ellenbogens passierten wir die Grenze nach Thüringen und es wiesen uns Schilder darauf hin, das hier bis 1989 Deutschland geteilt war. Weiter ging es landschaftlich nun relativ unspektakulär und ich begann mich nach dem Kontrollpunkt 4 zu sehnen. Dort sollte es Warmverpflegung geben.

Erschöpft erreichte ich Kaltensundheim und freute mich über die Pasta mit Tomatensoße und den Käsekuchen als Nachtisch. Bei der Abfahrt begegnete ich wieder Karin, die die Cottbusser wieder gefunden hatte. Nun war klar, das ich wirklich Gas geben musste. Ich wollte nicht erneut eingeholt werden.

Auf dem Plan lag auch nur noch ein relativ kurzer Anstieg hoch nach Theobaldshof und dann sollte es nur noch wellig zurück nach Bimbach gehen. Ich fuhr weiter alleine und begann nun viele Fahrer zu überholen, die sich ihre Kräfte nicht gut eingeteilt oder sich überschätzt hatten.

Am letzten Kontrollpunkt 5 wurde halt gemacht und ich erkundigte mich, wann die Ersten denn hier durch gekommen sind. Das war schon gut 2 Stunden her. Nicht schlecht! Das zeigt mir eindeutig das ich wohl nie ein toller Bergfahrer werden würde, aber der Spass steht ja im Vordergrund und so nahm ich den letzten Sektor in Angriff und düste weiter nach Bimbach. Ich merkte das ich noch etliche Körner hatte und so überholte ich ein Tri-Team aus Hamburg und so manchen Einzelfahrer.

Vielleicht hätte ich an den Bergen doch mehr geben sollen dann wäre ich im Ziel wirklich total ausgepowert gewesen. Aber das kann ich dann ja im nächsten Jahr tun, dann kennen ich die Strecke und kann mir meine Kräfte besser einteilen.

Ralph erwartete mich schon im Ziel. Er war runde 50 Minuten eher dort. Wir tranken noch gemeinsam ein Erdinger Alkoholfrei, zu welchem er mich einlud. Als die Gläser schon leer waren kam auch Karin glücklich und zufrieden im Ziel an. Sie wollte ja eigentlich die 150er Runde fahren, ließ sich dann aber doch zum Marathon überreden, was sie im Nachhinein nicht bereute.

Wir verluden die Räder und machten uns auf den Weg zurück ins 10 km entfernte Bad Salzschlirf um zu duschen und unsere Sachen zu packen. Wir konnten nach Belieben auschecken, und das für 25,- EUR pro Nase und Tag/Nacht. Sehr angenehm.

Nach einem kurzen Power-Nap von Ralph ging es dann auf die 400 km lange Heimfahrt in die Hauptstadt.

Fazit:

Eine sehr gelungene und professionell organisierte Veranstaltung des RSC´77 Bimbach e.V durch wunderschöne, mir unbekannte Landschaften.

Die Strecke ist anspruchsvoll aber auch für einen Flachländer wie mich zu bewältigen. Der Termin an Pfingsten 2011 ist schon in meinem Kalender vorgemerkt!

http://www.rhoen-radmarathon.de

5 Antworten auf „Rhön-Rad Marathon Super-Cup“

  1. Hallo Georg,
    wie immer ein eindrucksvoller Bericht und eine super Leistung deinerseits.
    Obwohl ich zwischen deinen Zeilen lese, dass du selbst nicht ganz glücklich mit deiner Leistung warst. Vielleicht waren 1200 km in 8 Tagen innerhalb von 12 Tagen auch etwas viel ?
    MfG
    alexander

  2. Hallo,
    einen schönen Bericht hast Du da vom „Super-Cup“ in Deinem Blog.
    Der Bimbacher steht auch immer weit oben auf meiner Terminliste.
    Ich habe allerdings nur ca. 2Km bis zum Start.

    Viele Grüße
    Jürgen

  3. „Die Landschaft und der Frühling hatten heute Priorität.“ – das ist doch auch mal was. Wir vergessen beim Radfahren zu oft, auch mal nach rechts und links zu schauen.
    Prima Bericht, auch wenn es nicht ganz so gelaufen ist, wie du es wohl wolltest. Hinterher überwiegt dann doch der positive Eindruck!

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