oder »Drei Pässe – viel Vergnügen«
Heute war der grosse Tag: Es stand der 3-Länder-Giro auf dem Zettel. Der Start-Punkt des Rennens um 6:30 Uhr war perfekt vor unserem Ferienhaus gelegen, so mussten wir nicht einmal fünft Minuten bergab rollen, um in die wartende Radfahrer Menge eintauchen zu können.
Bei knapp über 10°C war ich froh, meine Regenjacke als wärmenden Begleiter eingepackt zu haben. Pünktlich um 6:30 Uhr ging es dann mit einem lauten Startschuss auf die Strecke. Es dauerte nun eine gefühlte Ewigkeit bis wir den Startbogen passieren durften. Gut, dass wir einen Transponder am Vorderrad montiert hatten und so eine ordentliche Zeitnahme gewährleistet war.
Gleich vom Start weg ging es zum Reschen Pass hoch, zur italienischen Grenze. Es ließ sich gut fahren, viele Rennfahrer konnten gleich auf den ersten Metern, ohne selber zu überpacen, überholt werden. Das gab mir ein gutes Gefühl. Ein noch besseres Gefühl bekam ich, als ich, nun schon leicht angeschwitzt, hinter dem See den Pass die Serpentinen runter nach Prad rollte. Die Straße war zwar nicht für den Autoverkehr gesperrt, aber es waren so wenige PKWs unterwegs, dass ich viel im Gegenverkehr fahren konnte und so in der Abfahrt viele Plätze gut machen konnte. Nun waren es noch etwa drei Kilometer nach Prad, zum Einstieg in die Passstrasse hoch zum Stilfser Joch. Niemand wollte hier drücken und so machte ich einen kleinen Zug auf, und bekam prompt Lob von einer schweizer Bergziege hierfür.
In Prad entschwanden dann Christoph und Helge in die 47 Kehren. Nun begann die Sonne zu scheinen und ich freute mich auf den langen, mir unbekannten, Anstieg. Einige rollten an mir vorbei. Ich fuhr mein Tempo und nach folgender, bewährten Bergstrategie: Den Puls nicht zu hoch treiben und immer ein paar Körner überbehalten um einen kurzen Sprint anziehen zu können um an gefährlichen Radlertrauben vorbeiziehen zu können. Immer Sturzgefahren aus dem Weg gehen und das grandiose Alpenpanorama genießen.
Die Kehren wurden weniger, die Luft dünner und der Spass größer. Ich begann mich auf die Labestation, oben am Berg, zu freuen. Leider war diese in der letzten Kehre und ich wollte erst oben anhalten. Also gab es nix für mich. Die Flaschen waren auch noch nicht leer und so konnte ich mich nach kurzem Stop, zum RegenWindjacke überziehen, in die Abfahrt stürzen.
Eine 22 km lange, technisch recht anspruchsvolle, Abfahrt nach Tschierv wartete auf mich. Sogar drei Kilometer Naturstrasse waren dabei. Unten angekommen war wenig Zeit zum verschnaufen, denn es ging gleich wieder den Ofenpass hinauf. Der Anstieg bot so gut wie keinen Schatten und die Mittagssonne knallte auf uns hinunter. Jetzt wieder das richtige Tempo finden und viel Trinken. Oben angekommen fuhr ich erst einmal in einen Stau ein. Ich navigierte mein Bike rechts an den stehenden Autos vorbei und stellte kurze Zeit später den Grund des Stillstands fest: An der Labestation hatten sich Rentnerhorden mit Wanderstöcken und Rucksäcken über unsere Isogetränke her gemacht und blockierten die Strasse. Jetzt nur entspannt durch die Rentner hindurch zirkeln, schnell die Flaschen füllen und erneut in die Abfahrt stürzen war der Plan. Das gelang hervorragend und bevor ich mich versah, fand ich mich hinter einem Linienbus wieder, der die steile Abfahrt hinunter kroch, weil langsame Abfahrer vor ihm die Strasse blockierten. Grosses Kino. Mit einer, nicht ganz ungefährlichen, Aktion passierte ich alle motorisierten und unmotorisierten Tempoverwässerer und fand mich wenig später alleine in der herrlichen Abfahrt wieder.
Wenige Kilometer später staunte ich nicht schlecht, als ich vor mir die Assos-77er Trikots von Helge und Christoph erspähte. Ich war wieder auf die beiden Bergziegen aufgefahren und hatte sie kassiert eingeholt. Ich freute mich diebisch und beschloss die beiden nicht mehr ziehen zu lassen.
In Zernez, in der Schweiz, hielten wir kurz zum Flaschen füllen und verloren dabei den Anschluss an eine schnelle Gruppe. Besonders bitter, denn nun ging es lang durch ein flaches Tal mit Wind und ein schneller Zug in einer großen Gruppe wäre hier von Vorteil gewesen.
Ein schneller Fahrer überholte uns in einer atemberaubenden Pace, wurde aber kurz Zeit später wieder von mir gestellt. In einem kurzen Gespräch verriet er mir, das seine Freundin in der großen Gruppe sei und das wir doch gemeinsam einen Zug aufmachen sollten um wieder heran zu fahren. Ich hatte große Lust drauf, am nächsten Hügel verloren wir beiden aber den Rest der Bande und so wurde ich wieder ruhiger und ließ ihn ziehen.
Durch eine rote Ampel konnten wir etwa 10 harte Kilometer später dann doch wieder zu der großen Gruppe aufschließen und bis Martina recht entspannt mitrollen.
In Martina ging es dann ein letztes Mal in den Berg, die Norbertshöhe hinauf. Helge, Christoph und ich schlossen einen Nicht-Angriffs-Pakt um gemeinsam ins Ziel zu fahren, was wir auch taten.
Fazit: Grosser Radsport und ein klasse Veranstaltung, an dessen Ende Isabell noch den 3. Platz des Giro-Kaisers inklusive Pokal gewann. Sie ist nun 3. Kombi-Wertungs-Kletter-Königin. Das ganze trotz des Sturzes von Dirk, der dann zum Glück doch noch recht glimpflich verlaufen ist.
Gefallen hat mir die tolle Baustellenabsicherung und das Durchwinken der Helfer auch bei roten Ampeln. Missfallen hat mir die lange Wartezeit bei der Startnummernausgabe. Alles in allem eine professionell organisierte Veranstaltung in einer faszinierenden Landschaft, die auf jeden Fall zu empfehlen ist.