South Africa Cape Argus Pick N’ Pay 2011

Lesezeit: 6 Minuten

oder »Another day in paradise«


Nach einer kurzen Nacht klingelte der Wecker um 4:40 Uhr. Alles war bereits am Vorabend arrangiert: Die Radkleidung, die Füllung für die Trikottaschen und Getränkeflaschen, Radschuhe, Garmin, Kaffeemaschine und eingeweichtes Müsli standen bereit.

Nach dem notorischen Gruppenfoto starteten wir um 5:45 Uhr in die Dunkelheit auf die 18 km lange Fahrt nach Cape Town zum Start des Rennens. Gut das ich meine Fenix Lampe eingepackt hatte, die die Straße für uns hell erleuchtete.

Wir erreichten pünktlich Cap Town und hatte noch genügend Zeit die Dixi-Toiletten aufzusuchen, bevor es gemeinsam in unseren Startblock ging. Die Stimmung war heiter und ausgelassen, von der üblichen Vor-Rennnervosität war wenig zu spüren. Die Veranstaltung glich eher einem riesen Volksfest, als einem verbissenen Radrennen und viele bunt und auffällig gekleidete Rennfahrer wurden gesichtet. Kuriose Räder wie BMX, Einrad und auch (Renn)Tandems waren am Start.

Die Minuten bis zu unserem Start um 7:54 vergingen recht schnell. Wir wurden sogar 3 Minuten zu früh auf die Strecke geschickt. Unsere Taktik ging so: Steffen, Holger und Michael wollten das Ding zusammen fahren und Christian und ich bildeten ein Team. Damit waren die unterschiedlichen Leistungsklassen perfekt definiert.

Kurz nach dem Start ging es gleich auf die breite Schnellstraße M3. Christian machte sofort richtig Druck auf die Pedale und überholte in der rechten Spur, was ja in Südafrika dank Linksverkehr auch die Fastlane ist.

Mir war das erheblich zu schnell und auch mein Garmin wollte nicht so recht. Ständig das Autopause-Weiter-Problem. Leicht genervt rief ich Christian zu, das ich anhalten möchte um das Problem zu lösen, was wir auch auf der nächsten Anhöhe auf dem linken Seitenstreifen taten. Ich versuchte den GSC-10-Sensor und den Speichenmagneten neu zu justieren und rief Christian zu, das wir weiter fahren können. Er setzte sich 10 Meter vor mir in Bewegung und es passierte was nicht passieren sollte: Er drehte sich um und versuchte dabei sich in sein rechtes Pedal einzuklicken. Er verfehlte das Pedal, rutschte mit dem Schuh vorne über, trat in die Speichen seines vorderen Laufrades, welche brache, und machte mit seinem Rad eine Rolle über seinen Lenker.

Ich war geschockt. Nach 2,5 km schon das aus? Ich war sofort bei ihm. Er fluchte und sagte ich solle weiter fahren. Es hatte sich zum Glück nicht ernsthaft verletzt, aber das Laufrad war nicht mehr fahrbereit. Es kamen unmittelbar zwei Helferinnen und so beschloss ich nach kurzem Zögern weiter zu fahren. So ein Mist. Meine Motivation ein schnelles Rennen zu fahren war erst einmal hinüber.

Nach wenigen Minuten passierte ich wieder Michael, Holger und Steffen auf der Strecke und berichtete kurz was passiert war, bevor ich mich alleine auf die weitere Fahrt nach Süden machte. Nun ging die Sonne vollends auf und es waren nur kleine Wolken am Himmel zu sehen. Der Wind blies moderat, meinen Flow hatte ich mitlerweile gefunden und es begann richtig Spass zu machen. Ich zog immer öfter den Fotoapparat heraus und war geflashed von der atemberaubend schönen Landschaft.

Leider gelang es mir nicht eine gute Gruppe zu finden, die sportlich unterwegs war. Immer wieder fuhr ich zwar auf Grüppchen auf, diese waren aber durchweg so langsam, das ich keinen Spass fand, mich dort reinzuhängen. Auch nach dem Passieren fanden sich selten ambitionierte Fahrer die sich bei mir reinhingen und mit Tempoarbeit leisteten. Das enttäuschte mich dann doch ein wenig und ich weiss nicht so recht woran das lag. Vielleicht an dem Block aus dem wir gestartet sind, vielleicht an dem allgemeinen Volksfestcharakter der Veranstaltung. Merkwürdig nur, das jeder Teilnehmer einen kostenlosen Transponder zur Zeitnahme erhielt, was dann ja auch wieder meiner Theorie widersprach. Immer wieder waren auch Zeitnahmematten auf der Strecke.

Hinter Tokat wurde die Schnellstraße verlassen und es ging hoch auf die Küstenstraße Richtung Kalk Bay. Der Blick hinunter nach Muizenberg war atemberaubend. Zum Glück hatte ich die Kamera gerade rechtzeitig für ein Foto in der Hand.

Leider funktionierte mein Garmin, bedingt durch den fehlerhaften GSC-10, bei dem sicher die Batterie den Geist aufgegeben hatte nicht. So konnte keine rennrelevanten Daten ablesen. Keine Durchschnittsgeschwindigkeit, keine Fahrzeit, keine Momentangeschwindigkeit. Nix. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb entdeckte ich nun wieder meine Renn-Attitüde und begann Radler zu passieren. Immer schön rechts vorbei. Wenn ich es dann mal wieder baumeln ließ kam manchmal ein Zug in den ich mich reinhängen konnte, am nächsten Hügel war es damit aber wieder vorbei und ich fuhr dem Gruppetto davon. Schade eigentlich.

Plötzlich war der südlichste Punkt der Runde erreicht und auf den Schildern stand »60 km to go«, was ja nun wirklich keine große Distanz ist und so beschloss ich wieder eine Schippe drauf zu legen. Nun fanden sich zwei junge, gut trainierte Südafrikaner, die Spass daran fanden, sich hinter mir im Wind zu verstecken. Ich hatte einige Schwierigkeiten die beiden bei den kurzen Gesprächen zu verstehen. Ihr Akzent klingt einfach sehr ungewohnt. Ich verstand nur das Tony empty sei und he needs to refill.

So hielten wir an einem der unzähligen Verpflegungposten, kurz vor dem Chapmans Peak und füllten schnell unsere Flaschen bevor es den längsten, schönsten und härtesten Anstieg dieser Runde hinauf ging. Leider verlor ich die Beiden erneut und so blieb mir nur ein Foto meiner kurzzeitigen Weggefährten.

Oben am Chapmans Peak merkte ich das ich meine zweite Getränkeflasche und meine Energie-Pulver-Tüten irgendwo verloren hatte. Das bedeutete auf jeden Fall noch einen Zwangsstopp vor dem Ziel. Erst wollte ich aber noch den Anstieg in Hout Bay nehmen, denn von dort aus ging es fast nur noch bergab zum Ziel.

In Hout Bay erwartete mich ein Volksfest der besonderen Art: Die meisten Zuschauer waren in Pink gekleidet um sich mit mit einer Brustkrebs-Organisation zu identifizieren. Wie auch schon auf den vorherigen Kilometer motivierten die Zuschauen mit lauten Rufen Well done und You are looking great. Das war ganz großes Kino für den Anstieg. Einige schafften das Ding nicht mehr aus eigener Kraft und ließen sich von Kids, die sichtlich Spass an der Sache hatten, den Berg hoch schieben.

Oben angekommen wurden noch schnell die Flasche mit Powerade von zu Popmusik tanzenden Teenagern gefüllt, die ebenfalls sichtlich Freude an ihrem Job hatten. Was für einen wundervolle Vibration!

Mit orangener Powerade und einem breiten Grinsen im Gesicht ging es auf die letzten 16 Kilometer. Ich hatte heute eine dritte Lunge, sicher auch bedingt durch die einwöchige Rennrad-Pause. Das Meer, die Wärme und die Sonne halfen sicher auch.

Als ich nach 3:20 h in die Beach Road in Cape Town einbog waren die Beine dann doch ein wenig schwer und ich war froh, es bald geschafft zu haben. Nach dem klasse Zieleinlauf fuhr ich auf den Bike-Park, wo eine kostenlose eiskalte Coca-Cola-Dose auf mich wartete. Nach einem kurzen Verschnaufen in der Sonne machte ich mich auf zu unserem Treffpunkt, an dem 45 Minuten später auch Steffen und der Rest der Truppe eintraf.

Fazit: Ein ganz großes Radrennen mit atemberaubenden Landschaften. So was habe ich bisher noch nicht gesehen. Wirklich einmalig. Es wird schwer werden, diese Eindrücke auf dem Rennrad in 2011 zu toppen … und das Jahr hat gerade erst begonnen!

P.S. Christian konnte nach einer kleinen Reparatur-Odysee mit 45 minütiger Verspätung das Rennen fortsetzten und zufrieden das Ziel erreichen.

(Zum vergrößern der Fotos auf die Bilder klicken)

Hamburg->Berlin 2010

Lesezeit: 6 Minuten

oder „Neun Mann gegen den Wind“


Wie in den drei Jahren zuvor wählten wir für die Anreise nach Hamburg wieder die Deutsche Bahn, die unsere Räder und uns mit Ihren komfortablen IC’s sicher und unpünktlich nach Hamburg bringen sollte.

Im Zug, den ich erst in Berlin-Spandau bestieg, saßen schon meine Teamkameraden Ralph, Christoph und Jan. Das Berlin Racing Team von Zeljo, Sven, Oliver, Heiko und Stefan hatte auch schon seine Plätze eingenommen und am hinteren Ende des Zuges saßen noch Tobias und Tino vom Eisenschweinkader.

Die Fahrt war kurzweilig, denn interessante Kettengespräche wurden mit den Teamkameraden geführt.

In Hamburg angekommen verriet der Blick aus den großen Wagonfenstern nichts gutes: Der Regen prasselte nur so einnieder auf die Straßen der Hansestadt. Von Bergedorf hatten wir noch 14 km mit dem Rad zu unserer Unterkunft in Altengamme zu fahren.

Nach der zehnminütigen Fahrt mit dem Regionalexpress vom Hauptbahnhof erreichten wir dann Bergedorf. Ralph erspähte ein wirklich großes Großraumtaxi, direkt auf dem Bahnhofsvorplatz in welches 7 Räder & Radler passten. Sven und Stefan entschieden sich, trotz des Regens, mit dem Rad nach Geesthacht zu fahren, wo das Berlin Racing Team sein Nachtquartier haben würde. Respekt!

In unserer Pension in Altengamme, der Bäckerei Harden, bezogen wir schnell unsere Zimmer, denn Ralph und Jan hatten noch Kohldampf und wollten im benachbarten Restaurant noch ein Bauernfrühstück verdrücken. Weizenbier wurde getrunken und nun kam auch Christoph T. aus der dunklen Nacht angeradelt – unser Team war nur komplett. Unser fünfter Mann, Christoph R. hatte ja leider krankheitsbedingt absagen müssen.

Zeitig ging es ohne Fernsehen für uns in die Heia, denn der Samstag versprach anstrengend zu werden. Der Schlaf von Jan, meinem Zimmergenossen, und mir war alles andere als ruhig: Wir wachten oft auf und ich musste viel husten und meine Nase verstopfte immer mehr. Leider hatte das Gurgeln mit Salzwasser nicht die erhoffte Wirkung gezeigt und ich machte mir wirklich sorgen ob es sinnvoll sein würde, bei meinem angeschlagenen Gesundheitszustand, in wenigen Stunden an den Start zu gehen.

5:30 Uhr – ring ring – aufstehen! Nun musste alles ganz schnell gehen. Die am Vorabend bereits sorgfältig platzierte Radkleidung wurde angezogen und schon saßen wir auf unseren Rädern um zum etwa 500 Meter entfernten Altengammer Fährhaus zu fahren, wo, wie in all den Jahren, wieder der Start sein sollte.

Obwohl wir rund 50 Minuten vor unserem Start dort eintrafen war es schon recht betriebsam und eine lange Schlange hatte sich vor der Akkreditierung gebildet. Dort wurden die Startnummern ausgegeben. Nur ein Mann (!) bediente die Meute. Ohne Frühstück/Kaffee bei 4°C regungslos in der Dunkelheit sich die Beine in den Bauch stehen ist unangenehm. Sehr unangenehm. Jan organisierte dankenswerterweise Kaffee für uns Wartenden. Klasse Teamplay!

Nachdem dann endlich, nach gefühlten Stunden Wartezeit, die Startnummern organisiert waren konnten die Rucksäcke in die Begleitfahrzeuge verstaut werden und zu einem schnellen Frühstück ins Fährhaus gegangen werden.

6:50 Uhr – Start- & Sport-Frei für die Westwind Riders! Es ging wieder wie in den drei Jahren zuvor bei Dunkelheit auf bekannten wegen mit Beleuchtung Richtung Westen. Der Vortrieb wurde aber schon nach wenigen hundert Metern durch Rufe von meinem Teamkameraden gestoppt. Christoph hatte Etwas verloren. Wie ich wenig später erfuhr nicht nur Etwas, sondern sein iPhone 4G, welches wohl in der regendichten Hülle nicht richtig an seinem Lenker befestigt war. Durch diesen sehr frühzeitigen Boxenstop fuhr auch gleich das Berlin Racing Team auf uns auf, welches nur 60 Sekunden nach uns gestartet war. So setzten wir die Reise in die Hauptstadt gemeinsam fort.

Die äußeren Bedingungen waren ungemütlich, nach Tagesanbruch waren in allen Himmelsrichtungen dunkle Wolken, die aussahen, als würden sie sich gleich über uns ergießen, und dann war da noch dieser ständige NordOst-Wind der sich uns förmlich in den Weg stellte und uns mitteilte: Jungs,  so leicht lasse ich euch heute nicht zurück in die Haupstadt.

Zuerst wurde daraufhin Windkante gefahren was auf der einen Seite schlau ist, auf der anderen Seite bei einer Gruppengröße von mehr als 10 Mann nicht wirklich sinnvoll erscheint, denn nur 4 bis 6 Radler haben etwas davon, dann ist die Straße zu Ende. So wurde auf meine Nachfrage hin zu Zweierreihen gewechselt, was die Weiterfahrt erheblich entspannte. Zu diesem Zeitpunkt wurde unsere Gruppe immer größer, da wir bedingt durch unser Tempo immer mehr kleine und große Gruppen einsammelten, welche sich dankbar hinten rein hingen.

Hitzacker wurde dieses Jahr ohne große Hügel erreicht und nun war es auch bis Dömitz, der ersten und einzigen Kontrollstelle unserer Fahrt, nicht mehr weit. Dort waren wir, wie im Vorjahr, die erste Gruppe, die dort eintraf. Es gab belegte Brötchen und Kafffee. Ich aß nur einen OatSnack und einen Löffel von Olis Milchreis, bevor es nach gut 90 km Fahrt und dieser kurzen Rast, auch schon weiter ging.

Hinter Dömitz übernahm ich die Führung und fuhr auf eine rote Tagesbaustellen-Ampel zu, die Aufgrund einer Fahrbahnverengung aufgestellt war. Es gab keinen Gegenverkehr und da mir viele Radler folgten bremste ich auch nicht sondern rollte ohne zu treten weiter. Hinter mir war sich das Feld aber nicht sicher ob es halten sollte oder weiter wollte, einige bremsten ohne das entsprechend anzuzeigen und so schepperte es. Sven lag auf der Straße und zwei andere Radler fuhren noch über ihn rüber. Ich bekam von all dem nichts mit, wunderte mich nur, das niemand mehr folgte.

Als ich zurück fuhr bot sich mir ein unschönes Bild: Svens Knie und Arm bluteten und seine Regenjacke und Hose waren dort zerrissen. Sein Schaltauge war verbogen. Zeljo telefonierte mit dem Veranstalter, aber wirkliche Hilfe gabe es nicht . Sven hatte als Option, die ca. 4 km zur Kontrollstellte zurück zu fahren, dann dort Stunden zu warten bis alle Teams durch sind um dann mit einem Fahrzeug nach Berlin gebracht zu werden. Eine schwere Entscheidung, denn es lagen noch 190 km Gegenwind vor uns. Sven checkte sein Rad, wägte ab, und entschloss sich dann, die Reise weiter zu bestreiten. Großer Respekt! Ohne Murren & Knurren wurde wieder Fahrt aufgenommen und Teams, welche uns überholt hatten, ins Visier genommen. Auch Daphne und Niels waren zu diesem Zeitpunkt bei uns mit im Peleton. Sie würde sicher die schnellste Frau bei dieser Veranstaltung werden.

Der Sektor nach Wittenberge war, wie auch schon zuvor, von starkem NordOst-Wind geprägt. Das bedeutet, das die auf der linken Seite unserer Zweierreihen Fahrenden auch in den hinteren Reihen mit Gegenwind in Form von Seitenwind zu kämpfen hatten. Deshalb war die rechte Seite auch gleich als Mädchenseite tituliert und nur die wahren Helden fuhren links.

Ich war zu diesem Zeitpunkt oft ein Mädchen, denn ich fühlte, wie die Erkältung in mir arbeitete und mir die Kraft oft fehlte. Umso dankbarer war ich, das ich mit so klasse Jungs unterwegs war, die einfach fuhren und nicht viel Aufsehen machten, ob Links oder Rechts gefahren wurde.

Wittenberge wurde passiert und nun war es auch nicht mehr wirklich weit zu unserem geplanten zweiten und letzten Stop in Havelberg. Dort wollten wir nach 180 km Fahrt unsere Flaschen füllen und ein Paar Kohlenhydrate zu uns nehmen. Der Netto mit angeschlossenem Bäcker abseits des Weges, wurde zielsicher angesteuert und alle freuten sich über die Rast und die Verpflegung. Noch war es trocken. Ralph und Christoph telefonierten nach Hause und es hieß in Potsdam würde es regnen. Ich beschloss, die Regenjacke noch aus zu lassen, und so machten wir uns auf die restlichen 103,2 km nach Gatow. Es erwartete uns nun der langweiligste Sektor. In meinem Bericht von Hamburg->Berlin 2009 habe ich diesen Abschnitt als DeathValley von Brandenburg beschrieben. Daran hat sich nichts geändert: Dröge Landschaften, keine Ortschaften welche Abwechslung bieten, aber dieses Jahr war doch alles anders: Starke Gegenwind und aufziehender Regen sorgten für Abwechslung! Die Stimmung sank im Team auf den Tiefstpunkt. Von allen Seiten hörte ich Flüche und nun hatte keiner mehr wirklich Lust, weiter zu fahren. Aber was sollten wir tun!? Es gab keine Alternative zur Weiterfahrt auf dem Renner in Richtung Westen. Gegen Wind und Wetter.

Friesack wurde passiert und nun begann mein Kopfkino ein klein wenig zu funktionieren, denn diese Region ist mir durch zahlreiche Ausfahrten mit den Havellandriders bekannt und ich weiss genau wie weit es noch nach Hause ist. Allerdings wurde nun auch der Regen stärker und das Fahren umso ungemütlicher.

Hinter Falkensee wurde die Stadtgrenze nach Berlin passiert, jetzt waren es weniger als 10 Kilometer nach Gatow zum Ziel und es wurden die letzten Kräfte mobilisiert.

Nach 8:50 Stunden Fahrzeit wurde endlich das Ziel erreicht und wir waren froh, zufrieden und erleichtert dieses Distanz gewuppt zu haben. Wie sich heraus stellte waren wir zu diesem Zeitpunkt die erste Gruppe, welche das Ziel nach den vollverkleideten Liegeradlern erreicht hatte. Mal sehen was später die Gesamtwertung sagt. Ein Minute langsamer als das Berlin Racing Team werden wir, die WestGegendenwind Riders, auf jeden Fall gewesen sein.

Fazit: Eine äußerst durchwachsene Fahrt. Mein angeschlagener Gesundheitszustand hat sicher auch nicht zu einem besseren Gefühl beigetragen, aber die Organisation hätte, gerade am Morgen, besser sein können. Warum kann man die Startnummern nicht per Post zuschicken? Die Veranstalter sollte auf die gestiegenen Teilnehmerzahlen entsprechend reagieren.

Das Wetter war unter aller Kanone und eigentlich fast schlimmer als im letzten Jahr. Bei 5°C, Gegenwind und Regen 280 km auf dem Rennrad zu fahren hat nicht viel mit Spass am Radfahren zu tun. Nun bin ich die Distanz 4x gefahren. Ich überlege stark ob es in 2011 ein fünftes mal für mich geben wird.

Die Zeiten und Streckenlängen der vergangenen Jahre im Vergleich:

Der Morgen »Rad am Ring«

Lesezeit: 3 Minuten

oder „Der Countdown läuft“


Die Nacht war überstanden und ich wartete auf meine letzte Runde in der „Grünen Hölle“.

Einerseits wollte ich diese Runde noch einmal richtig genießen und die Strecke einatmen, andererseits musste wieder richtig am Rad gedreht werden um unsere Plazierung im Gesamtklassement zu halten oder gar zu verbessern.

Genießen und Bolzen ließ sich erstaunlicherweise perfekt kombinieren, was auch an dem fast wolkenlosen Morgenhimmel und dem wärmenden Lüftchen lag. Ich freute mich schon auf die Fuchsröhre, der schnellste Abschnitt der Strecke, an der Christoph mit einem Top-Speed von 90,4 km/h eine klare Ansage gemacht hatte. Die 9 wollte ich natürlich auch vorne auf dem Tacho sehen, was mir auch gelang.

Der Spass endete aber, wie schon all die Runden zuvor, am Anstieg zur Hohen Acht – dem steilsten Stück der Nordschleife. Es musste mit voller Konzentration gefahren werden, da die Strecke nun, bedingt durch eine RTF sehr voll wurde und auch Familien mit Kindern die Strecke befuhren. Einerseits kann ich die Veranstalter verstehen das dieses tolle Asphaltband möglichst vielen Hobby-Radlern zur Verfügung stehen soll, warum das aber zeitgleich mit uns Rennfahrer erfolgen muss, ist mir unverständlich. Aber jede Ring-Stunde kostet eine Menge Geld und so muss das halt optimal genutzt werden. Ein Geschmäckle bleibt, denn die volle Fahrbahnbreite nutzende Familienväter mit ihren Kindern auf Tourenrädern störten den Rennbetrieb doch empfindlich. Und gerade in den letzten Stunden, wo alle 24-StundlerInnen doch mehr oder weniger angeschlagen sind, sind solche künstlichen Hindernisse nicht gerade der Sicherheit dienlich.

Seis drum, ich konnte trotzdem Genießen und Bolzen und ein letztes mal die echte Transponder-Trinkflasche an Peter übergeben. Nach 24 Stunden das erste mal aus meinen Radklamotten pellen um ein erfrischende Dusche nehmen – welch ein Genuß!

Nach Peter ging dann Christoph auf die letzte, 27. Runde. Er fuhr diese erneut sehr schnell und sicherte uns so den 93. Platz von 674 4er-Teams.

Fazit:

Eine im Großen und Ganzen recht gut organisierte Veranstaltung. Die Nordschleife mit dem Rennrad befahren zu dürfen ist ein Traum: Der Asphalt ist durchgehend perfekt glatt, griffig, sauber und frei von Schlaglöchern. Auch die Sicherheit entlang der Strecke ist super. Nachts hatte das THW sogar an gefährlichen Passagen Flutlicht aufgebaut. Was ich bemängel ist der extrem hohe Kommerzialisierungs Grad. Das fängt mit der Ring-Card an, welche an Terminals mit Bargeld beladen werden muss um Dinge auf dem Boulevard kaufen zu können, 6,- € Leihgebühr für den Transponder inkl. 40,- € Pfand (!) und hört bei kleinem Kaffee für 2,- € an der Verpflegungsbude auf.

Auf der anderen Seite gab es aber auch viele Sponsoren, die uns kostenlos versorgten, wie eine lokale Molkerei an der dann eben der gesponsorte kostenlose Eiskaffee in Dosen getrunken wurde. Auch die kostenlose 24-Stunden-Fahrer-Nacht-Verpflegung war ok: Im Boulevard gab es immer ausreichend Bananen, Kekse, Frischeiwaffeln, Muffins und Pepsi-Cola.

An vielen Stellen merkt man halt auch, das die Symbiose von Rad- und Motorsport einfach nicht funktioniert. Das ganze Konzept „Nürburgring“ ist halt für 364 Tage im Jahr Motorsport erstellt worden: Abseits der Nordschleife erwarten einen halt eine funktionale Betonwüste und keinerlei Grünflächen. Der industrielle Charm einer Motorsportbox läßt sich für eine Nacht durchaus ertragen, die Jungs vom Team „Spass Am Ring“ hatten allerdings Probleme die Heringe ihrer Zelte auf ihrer betonierten Parzellenfläche einzuschlagen. Aber das können die Veranstalter auch nicht ändern.

Die Strecke der Grünen Hölle entschädigt für all das und ich habe sehr große Lust, diese Veranstaltung wieder mit einem tollen Team zu besuchen. Ob schon in 2011…ich werde sehen!