9. Etappe WfF Europa Radtour 2015

Oben auf dem Col du Calibier
Lesezeit: 2 Minuten

Sante-Marie-de-Cuines – Briançon


Heute mal Wecken um 6 Uhr. Die Meute möchte wegen der Hitze ne Stunde früher starten. Ich würde gerne irgendwas anderes machen, als 60 km bergauf zu fahren, gleich nach dem Frühstück, kalt und ohne je wieder eine klein wenig verschnaufen in einer Flachpassage zu haben. Aber das geht heute nicht. So sah das Profil aus.

Dann kam es aber anders: Der Track führte entlang der französischen Maut Autobahn durch ein Tal, relativ flach – genau richtig zum Warmfahren. Ich fuhr wie so oft alleine. Kein Herdentrieb, kein Kassetteglotzen, einfach in atemberaubender Bergwelt auf dem Rad richtig erwachen. Ich hatte grossen Spaß!

Dann erreichte ich Saint-Michel-de-Maurienne. Ein ganz im Tour-de-France-Outfit geschmückter Ort. Alle Geschäfte, vom Fleischer bis zum Schuster hatten ihre Schaufenster mit bunten Rädern beklebt oder die Auslagen mit Rennrad Devotionalien dekoriert. Eigentlich ein Ort zum Einkehren und Verweilen. Dafür war es mir heute aber zu früh, denn der Einstieg in den Anstieg »Col du Télégraph« war schon ausgeschildert. Also aufs kleine Blatt geschaltet und los. Neuer Asphalt und moderate Steigungsprozente machten Spaß sich an dem Berg abzuarbeiten. Zu sehr ließ ich es nicht krachen, da direkt im Anschluss noch der Galibier hochgefahren werden wollte.

Das Relais-de-Télégraph war schneller als gedacht erreicht. Eine wenig spektakulären Kehre, da sie den Blick ins Tal nicht wirklich frei gab. Für ein Erinnerungsfoto reichte es aber trotzdem, bevor ich mich in die kurze Abfahrt nach Valloire stürzte. In dem Skiort gab es Buffet und Erfrischungen. Ein wenig ehrfürchtig war ich schon vor diesem Galibier, denn ich wusste nur, dass es auf über 2.000 Meter hoch gehen würde. Nicht aber wie steil der rund 14 Kilometer lange Anstieg sein würde.

Auch die Hitze war schwer zu kalkulieren. Da ich aber zu keinem Rennen hier war, war der Pass das Ziel. Mit ein paar Mitstreitern wurden dann doch noch kleine Ausscheidungen gefahren. Geschenkt!

Die letzten Kilometer wurden, wie es sich für eine »Hors Catégorie« gehört, noch mal etwas steiler und dann war endlich die Gipfelkehre erreicht. Ein atemberaubender Blick in die Bergwelt offenbarte sich mir. Weiße Gipfel ohne Ende und 23 Grad und Sonnenschein. Formidable!

Nur Cola gab es da oben keine also in die Abfahrt gestürzt und auf halbem Weg eingekehrt. Zu moderaten 1,50 € mehrere bergsteuerfreie Cola-Dosen geleert und ein leckeres Panini mit Schinken & Bergkäse verdrückt. Das Leben ist schön!

Die Abfahrt herunter nach Biançon habe ich auch genossen, war dann aber froh, dass ich endlich in unsere Hauberge »Le Petit Phoque« (wtf!?) angekommen war und ein 5-Bett statt eines 11-Bett Zimmers mit 3er-Stock-Betten beziehen dürfte. Morgen dann mal wieder Ruhetag! Juhu!

8. Etappe WfF Europa Radtour 2015

Oben auf dem Col de Madeleine im Restaurant
Lesezeit: 2 Minuten

Seéz – Sante-Marie-de-Cuines


Da war er wieder, einer dieser »Überbrückungstage« – ein Tag laut Strecken-Architekten Dirk nur zum Durchfahren ein paar Täler um dann am Zielort für große Taten bzw. Berge gewappnet und erholt zu sein. So ging es auch los. Erstmal 30 km den Berg herunter durch wunderschöne Täler rollern; kaum treten einfach nur gucken. Ein paar Minikanten waren dabei, aber die wurden einfach weggedrückt.

In einem kleinen beschaulichen Ort war sich die Gäng dann einig, dass erstmal Cappuccino oder besser »Café au lait« konsumiert werden wollte. Die Rentner taten es uns gleich, nur Christian wollte die lange Runde fahren und entschwand.

Nach der Pause gab es weitere 10 km Atempause in Form von negativen Steigungen bevor es »endlich« was wegzudrücken gab. Und zwar nicht irgendwas, sondern der mehrfach Tour de France erprobte »Col de la Madelaine«.

Der Kilometerstein sprach eine deutliche Sprache, denn da stand 26 km in grossen Lettern. Was hieß das im Detail? Mindestens 2 Stunden in der Gluthitze zwischen 4 und 11% Steigung von 600 Metern über normal Null auf 2.000 Meter aufsteigen. Na Prost Mahlzeit!

Dann ging es sich erstmal mit 4 bis 6 % Steigung recht locker an. Die Passage war schattig und gut zu fahren.

Dann nach dem Buffet auf halber Strecke wurde es aber richtig garstig: kilometerlange 8 bis 11 % Steigungen, schattenlose Passagen zogen mir die letzten Körner aus den Pantoffeln. Da half auch kein Gel oder PowerBar. Ich dachte öfter an Pausieren oder Schieben. Tat es dann aber doch nicht. Zum Glück, meine Radfahrer-Ehre hätte stark gelitten. Schieben konnte ich morgen noch oder übermorgen oder über-übermorgen. Also weiter zum Gipfel, der recht unspektakulär dalag. Drei, vier Hütten: das war’s. Die Bande war schon eingekehrt und hatten es sich an einem schattigen Plätzchen in der Restauration gemütlich gemacht. Ich gesellte mich recht aufgelöst dazu und bestellte Cola Zero mit Eiswürfeln und Zitrone! Nach drei Dosen war der Durst gestillt und wir konnten uns in die Abfahrt stürzen, nicht ohne vorher ein Gipfel Foto zu schießen.

24 km bergab, volle Konzentration, denn langsame PKWs mussten überholt werden. Auch auf den Berg hinauf schießende Motorradfahrer machten die Abfahrt gefährlich.
Unten angekommen, war es nicht mehr weit in unser Ibis Budget Quartier. Morgen dann »richtige Pässe«.

7. Etappe WfF Europa Radtour 2015

Berge soweit das Auge reicht
Lesezeit: 2 Minuten

Annecy – Seéz


Nach dem leckeren Frühstück mit frischem Baguette, gesalzener Butter und Maronencreme ging es mit harten Waden pünktlich um 9 Uhr auf die Strecke.

Der Track führte uns erst einmal gut 20 km eben entlang es Ufers des Lac d’Annecy. Ein toller Multi-Sport-Radweg, der auch von fitnessbegeisterten Läufern und Skatern frequentiert wurde. Kein Problem, ich wollte ja nicht rasen und die ständigen Barken, die die querenden Hauptverkehrstrassen trennten, verhinderten auch dieses. Dann ging es auch (endlich) in den Anstieg. Mit den vielen Bergen um uns herum war es schon merkwürdig ständig im Tal zu kurbeln.

Moderate 5 – 7 Prozent und bevor wir uns versahen waren wir in Beaufort, wo eigentlich Buffet gereicht werden sollte. Aber wir bekamen nur die Molkerei zu sehen, die den bekannten Rohmilichkäse herstellt, der auch den Ortsnamen trägt. Da wir aber wieder mal zu früh eintrafen, machte ich mein Buffet beim lokalen Bolanger selber und genoss Eclair und Himbeer-Tarte. Köstlich!

Die extra Kalorien waren aber auch nötig, denn nun wartete ein exakt 20 km langer Anstieg auf uns. Aber erstmal musste noch der Pannenteufel bekämpft werden, der mich heute erneut heimsuchte. Mein Hinterrad verlor aus unerfindlichen Gründen Luft und verlangte nach einem neuen Schlauch. Isabell assistierte dem stocksauren Schorsch geduldig. Die von gestern bekannten Kilometersteine wiesen darauf hin, wie hoch hinaus ich musste, denn Isabell war schon wieder hinauf geflüchtet. Glücklicherweise war die Steigung sehr kontinuierlich und nie über 9%, was dem Kopfkino gut tat. Auch blätterte ich nie aufs Höhenprofil auf meiner Streckenaufzeichnungsmaschine, denn ich wusste ja, dass ich bei dieser Geschwindigkeit rund 2 Stunden rauf brauchen würde. Ich arrangierte mich mit dem Berg und schloss Frieden. So konnte ich den Anstieg zeitweise sogar genießen!

Nach etwa 12 km war dann ein Plateau erreicht, dass ein atemberaubenden Blick auf ein zerklüftetes Felsmassiv und einen tiefblauen See freigab. Welch Naturschauspiel!

Aber oben ist oben und da wo ich war, war noch nicht oben. Also nochmal beißen und in der Mittagshitze die restlichen Kilometer hoch. Kurz vor Ende schubste mich ein Schweizer Porsche-Club mit seinen Boliden bei seiner Gipfel-Ausfahrt noch fast von der Straße. Mit Hupe und ohne Berge hätte ich mich beinahe wie in Brandenburg gefühlt!

Ein Mann am Strassenrand rief mir mit geballter Faust zu: »C’est dur« und grinste verschmitzt. Ich verstand nicht.

Oben gab es dann vom sehr freundlichen fliegenden Händler ’ne eiskalte Cola zu fairen 2,- €. Der Händler erklärte mir auch was  »C’est dur« bedeutet, indem er mit seiner Hand auf den provisorischen Holztresen klopfte.

Zu meinem Bedauern lag unsere Pension heute am Berg und so mussten wir nach der schönen Abfahrt noch einmal 4 km bergauf fahren bevor es endlich WLAN und Duschen gab.

Ein klasse Tag auf dem Rad, der mich mit dem gestern erlebten wieder versöhnte! Freu mich auf morgen auf den Col de la Madeleine!