Mallorca 2024

Lesezeit: 5 Minuten

oder bestes Training™ kann Mallorca 2023 noch verbessert werden?


Nun ist es gut ein Jahr her, daß hier der letzte Eintrag abgesetzt wurde. Einige Trainingskilometer ohne ausführliche Dokumentation wurden abgespult. Es war ein sehr durchwachsenes Sportjahr. Manchmal fehlte mir die Motivation was zu sporteln, manchmal waren meine anderen Hobbys oder Freundschaften zu pflegen einfach wichtiger. Egal was passierte: Radsport war immer im Hinterkopf fest verankert.

Wenn es regnete gab es immer eine (neue) ZWIFT-Rolle, auf der trainiert wurde und das Fitness-Level irgendwie gehalten werden konnte. Nicht wirklich gut, denn zu längeren Einheiten, also mehr als 60 Minuten kurbeln, konnte ich mich seltenst motivieren.

Der Arbeitsweg wurde so gut wie immer mit dem Rad abgespult, was allerdings keine echten Trainingsreize setzte. Wie auch immer, lange Einheiten gab es sehr wenige. Keine Ostsee-Tour oder ähnliche 200-Kilometer-RItte. Ich traute mir dies einfach nicht zu. Nichts desto trotz meldet ich mich für 2024 für gleich vier (!) Radreisen an: Mallorca, ITF-Friedensfahrt, Vogesen und Zentralalpen mit dem legendären Alpe d’Huez. Schon ein wenig verrückt für so einen mehr schlecht als recht durch den Winter gekommenen Rennrad-Enthusiasten.

Also erstmal Mallorca auf dem Spielplan. Zu allem Überfluss hatte ich mich in einer kleinen Herbst-Euphorie für den MA312 angemeldet. Ein Radrennen auf Mallorca, welches mit Superlativen glänzt: 312 Kilometer auf knapp 5.000 Höhenmeter. Nix für ungeübte Radlerwaden. Aber immer sachte, nix überpacen, auch im Kopf nicht. Ich mache dies ja immer noch zur Freude und zum Ausgleich, nicht für Ruhm oder Geld. Sollte es nix werden auf den ersten Kilometern, respektive Höhenmetern, auf Mallorca, dann würde ich das Dinge einfach absagen. Achso, mein Trainingstagebuch, zeigte zwei oder drei Touren über 100 Kilometer in 2024. Suboptimale Vorbereitung nennt man sowas glaube ich. Tief im Trainings-Soll. Auf der Haben-Seite stand ein neues Rennrad, welches ein echtes Traum-Rad für mich ist: Cannondale SuperSix EVO Carbon Disc Ultegra Di2

BlutStatistik
BlutStatistik

Weiter auf der Haben-Seite stand, daß meine Blutwerte endlich im Norm-Bereich sind. Nach fast 10 Jahren habe ich es geschafft meine Hämoglobin-Werte zu stabilisieren. Die Anämie (Blutarmut) konnte ich mit einem Medikament eliminieren. Der eigentliche Effekt davon wurde mir erst auf der Insel klar: Schon am zweiten Tag, bei unserer Tour hoch zum Kloster Randa merkte ich, welches Potential in meinen Waden schlummerte. Ich konnte richtig drücken und den Berg Hochstiefeln ohne Schmerzen, dicke Beine oder Atemnot. Es fühlte sich unglaublich an. So stelle ich mir Höhentraining oder eine Epo-Kur vor. Auch mein Puls ging normal nach oben, ohne am Grenzbereich zu kratzen. Ok, manchmal schon, allerdings alles kontrolliert und ohne, daß mir schwindelig oder gar schwarz vor Augen wurde. Was für eine neue Rennrad-Radfahr-Lebensqualität! Wahnsinn!

Natürlich war nun auch der Ehrgeiz geweckt und ich wollte sehen was auf den klassischen Strava-Segmenten für mich drin war. Ohne es vorweg zu nehmen: Einiges. Es hagelte »PRs« (personal Records) am laufenden Band und das breiteste Radler-Grinsen im Berg in meinem Gesicht.

Die letzten Meter am Col Cres
Die letzten Meter am Col Cres

Jetzt nur nicht übermütig werden, die wenigen 100-Kilometer-Ritte aus dem Winter schwingten immer mit. Die Bande hatte sich mit langen Gravel-Touren durch den Winter fit gehalten. All dies fehlte mir. Würde diese neu gewonnene Berg-Härte auch auf der langen Distanz halten? Ein erste echter Test war unsere lange, klassische Palma-Tour. Einer meiner Platin-Standart-Berge, der Coll Cres auf dem Weg in die Inselhauptstadt, auf dem alles gegeben werden konnte musste und dann noch ordentlich nach Hause mit Kloster-Lluc am Ende, aka »Tankstelle« – noch nie gefahren, weil jedes mal die Körner hintenraus fehlten. Auch diesmal: Keine Körner bzw. neumodisch »Stamina« mehr. Aus die Maus. Hinter Palma war ich leer. Da half auch der Beste Kuchen der Insel bei Sa Sini in Santa Maria nix. Da fehlten einfach die Trainingskilometer. So ist das. Da gibt es nix zu optimieren.

Der »Race-Tag« rückte näher. Mit gemischten Gefühlen und einer fetten Portion »Respekt« erwachte ich nach viel zu wenigen Stunden unruhigsten Schlafes um an den Start zu gehen. Mit meinen »Besties« als Co-Piloten konnte ich eigentlich nicht rechnen, bei dem Vorhaben »MA312«. Aus Gründen, denn nie konnte ich in den vergangenen Rennrad-Dekaden mit denen die Berge hoch-ochsen. Immer war ich zu langsam und musste meinen eigenen Stiefel fahren. Das war diesmal anders: IronMan-Heiko bot sich an, daß Ding mit mir zusammen zu rocken! Wir verabredeten uns locker aber bestimmt, aufeinander aufzupassen. Also konkret die Berge kontrolliert hoch zu düsen, kontinuierliche Steigungsgeschwindigkeit (VAM Ø 30 Sekunden). Aerober Puls. Plaudertempo und nicht dabei trödeln, so stiefelten wir den Berg mit tausenden Gleichgesinnten, in den Sonnenaufgang hoch. Das geht mit genug Hämoglobin im Blut. Was für eine riesen Freude! Die Verpflegungspunkte wurden strategisch so angegangen, daß nur Wasser und Nahrung getankt wurden, und nie wirklich pausiert wurde. Genau mein Geschmack: Nicht hinhocken und den Kreislauf nie wirklich runter fahren. So schafften wir es auch mit ein wenig Rum-gerechne zur ersten Cut-Off-Station. Jetzt hatten wir 5 Stunden Zeit für die kommenden bergigen 100 Kilometer. Das sollte zu schaffen sein. Mit viel Selbstvertrauen ging es in den Sektor. Alle kommenden Anstiege wurden mit Freude erklommen. Ein wenig Bammel vor Krämpfen hatte ich zwar, allerdings achtete ich immer streng darauf nicht zu über-pacen. Gewinnen wollte ich das Rennen ja eh nicht.

So schmolzen die Kilometer und die nächste Cut-Off-Station rückte näher. Auch diese wurde mit ordentlich Puffer passiert. Muy bien!

Obwohl nun die meisten Höhenmeter abgespult waren, lagen noch 100 Kilometer mit rund 1.000 Höhenmetern vor mir. In der Ebene spielte nun der Wind auch eine nicht unerhebliche Rolle. Gefühlt meist nicht in meinem Interesse, also von vorne. Egal, eine etwas schwächere Gruppe mit einem Mechanisme-Häschen am Ende half beim Vortrieb: Was für ein Ausblick! Die Gruppe zwang auch zum ordentlich fahren, also Gefahrenstellen anzeigen und Wiegetritt-Anzeigen. Immer schön Vorbild sein. An den kurzen Anstiegen waren die mir dann oft zu langsam und ich langte noch mal rein und überholte um Erster oben zu sein. Verrückt – das liest sich sicher wie eine Angeber-Geschichte, oder?

Viele fluchten in verschiedensten Sprachen, ob des extrem welligen Terrains. »Jorge montaña« freute sich und genoss.

Dann war doch irgendwann die Sehnsucht nach dem letzten Pausenpunkt extrem groß. Einige Rennrad-Kollegen hatten mir bereits von der Volksfest-Stimmung in Artá berichtet. Die Vorfreude wurde nicht enttäuscht: Sehr beeindruckend wie ausgelassen dort alle Radfahrer gefeiert wurden. Man wurde mit Bier- und Cola-Tabletts begrüßt! Ein halber Becher musste reichen, denn es waren noch gut 30 Kilometer ins Ziel. Eine leicht abfällige Straße, dezenter Schiebewind und eine gute Gruppe, aus der ich immer wieder vorne rausballern konnte, machen die letzten 45 Minuten zu einem Hochgenuss. Erschöpfung? Darf es morgen geben! Heute nicht!

Als ich dann im Ziel war, war ich doch sehr froh und irgendwie total überfordert: Zu viele Menschen, kein Vortrieb, einfach rumstehen. Das war gar nicht so einfach. Zum Glück erwischten mich Timo und Heiko und drückten mir Bier- & Nudel-Gutscheine in die Hand. Minuten Später erreichte auch Michi das Ziel. Nun gab es mein erstes ganzes (alkoholisches) Bier auf der Insel: Erschöpft, vollgepumpt mit Dopamin, Serotonin und Endorphin und leicht einen Sitzen inmitten von Freunden mit einem Teller-Pesto-Nudeln vor einem: Gibt es was besseres?

Jetzt mussten wir nur noch knapp 10 km im leichten Nieselregen und bei Dunkelheit zum Hotel zurück und der lange, unvergessliche Tag ging zur Neige. Was für ein Erlebnis!

Gestärkt und mit ganz viel neuen Eindrücken hätte die Rennrad-Reise-Saison besser nicht beginnen können! Unendlicher Dank geht an die »2024-Mallorca-Freunde« für die sturz- und pannenfreie Begleitung auf den 1.020 Kilometern in 12 Tagen auf dieser wundervollen Insel!

befahrenes Terrain 2024
befahrenes Terrain 2024

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