ERT Savoyer-Alpen 2024

Lesezeit: 4 Minuten

Eine Woche radfahren: 694 km – 16.963 Höhenmeter


Als ich am 24. August mit Ilja nach Genf aufbrach, um am darauffolgenden Tag unsere Savoyer-Alpen-Tour mit dem WfF in Grenoble zu starten, war mir bereits bewusst, auf was für ein Abenteuer ich mich da eingelassen hatte. Dank der perfekt ausgearbeiteten Micro-Site unseres Vereinsmitglieds Johannes ließ sich jede Etappe und auch jeder Übernachtungsort bereits zuhause zelebrieren.

Der Respekt war groß. Die Länge der Etappen waren durchaus überschaubar, was wirklich einen Unterschied zu allem bisher dagewesenen machte, waren die schier endlosen Höhenmeter.

Die Anreise gestaltet sich entspannt und unspektakulär und wir bezogen unsere Zimmer in Grenoble. Nach einem tollen gemeinsamen Abendessen ging es am Sonntag dann gleich auf die lange Strecke nach Albertville.

Tag 1: Grenoble -> Albertville

Wir wollten ja zwei echte hochalpine Klassiker mitnehmen: Den Col du Glandon (1.924m) und den Col de la Madeleine (2.000m). Die Herausforderung bestand darin, dass es nur auf der kurzen Strecke ein Büffet gab und aufgrund des Sonntags alle Supermärkte geschlossen waren. Das machte uns tatsächlich arg zu schaffen und so gab es nur Wasser aus den Trinkwasserbrunnen am Wegesrand und die mitgebrachten Riegel. So war es auch nicht verwunderlich, dass wir gleich am ersten Tag unterzuckert auf dem zweiten Berg, dem Col de la Madeleine (2.000m) ankamen. Die Abfahrt herunter war dann auch kein Zuckerschlecken, da durch eine sehr dichte Wolkendecke gefahren werden musste, welche die Sicht stark beeinträchtigte und die Temperaturen auf frische 14°C reduzierte.

Irgendwie wurde dann doch das sonnige Tal erreicht und die verbleibenden 15 km mit sattem Gegenwind zauberten mir ein Lächeln ins Gesicht. Albertville mit seinem IBIS neben dem McD war das Ziel!

Tag 2: Albertville -> Val-d’Isère

Am zweiten Tag ging es dann kontinuierlich bergauf um den wunderschönen Cormet de Roselend (1.968 m) zu erreichen. Diesen hatte ich schon beim ERT 2015 auf dem Weg nach Nizza befahren. Ich wollte nicht nur die Schönheit dieses Passes erneut genießen, sondern sehen ob zeitlich etwas gehen würde. Es ging und ich war knapp 5 Minuten schneller oben. Nice move. Wenn ich nun behaupten würde, die verbliebenen Höhenmeter nach Val-d’Isère wären locker gefahren worden, würde ich lügen. Das tue ich hier nicht. Zufrieden und geschafft erreichten wir das Hotel im Hüttenstil in diesem überteuerten Ski-Ort auf 1.800 Meter über dem Meeresspiegel.

Tag 3: Val-d’Isère -> Susa

Das war natürlich gut, dass wir schon so hoch oben nächtigten, nicht nur war die Atemluft, frisch, dünn und klar, ebenso  waren es auch nur noch knapp über 1.000 Höhenmeter zum Col de l’Iseran (2.770 m), dem höchsten asphaltierten Pass der Alpen. Oben dann ein Passfoto geschossen und für wenige Minuten das atemberaubende Alpenpanorama genossen, bevor es in die Abfahrt ging. Richtig Höhenmeter standen nun nicht mehr auf der Menü-Karte – nur noch ein kleiner Kanten hoch zum Col du Mont-Cenis (2.083 m) bevor es in die endlos lange Abfahrt runter nach Italien, nach Susa, unserem Etappenzielort ging. Nun war es vorbei mit frischer Bergluft. Drückende Hitze empfing uns in der italienischen Stadt. Zum Abendbrot gab es für mich erneut Pizza, da vegetarische Pasta sehr selten nie auf dem italienischen Speiseplan stand. Pesto & Pasta gibt es wohl nur in Deutschland oder anderen Teilen Italiens. Schade.

 Tag 4: Susa -> Briançon

Die Pasta war auch nicht wirklich nötig, denn heute ging es für Savoyer-Alpen-Verhältnisse mit geringsten Höhenmetern nach Briançon. Unserem (verdienten) Ruhetags-Ort. Tour-de-France-Erprobt. Ein toller Ort umringt von tollen Bergen. Diesmal hatten wir auch ein wirklich schönes Hotel und so ließ sich der Ruhetag mit Faulenzen und aktiver Regeneration ohne Rennrad genießen. Eine Enttäuschung gab es noch für Ilja und mich: Wir wollten das lokale Schwimmbad besuchen, erhielten allerdings einen Beckenverweis aufgrund unserer, wohl für französische Verhältnisse unkonventionellen Badekleidung: Bermuda Shorts sind in ganz Frankreich vom Badebetrieb ausgeschlossen. Wieder was gelernt! Den Eintritt von 6€ gab es natürlich nicht zurück. Seis drum, wir waren ja zum Radfahren hier und nicht zu Schwimmen!

Tag 6: Briançon -> L’Alpe d‘Huez

Radfahren gab es am darauf folgenden Tag dann auch wieder zu genüge: Die Königs-Etappe mit knapp 5.000 Höhenmetern auf 170 Kilometer stand auf dem Plan. Das muss man erstmal streckenplanerisch hinbekommen. Johannes bekam es hin. Und als i-Tüpfelchen dann noch die Bergankunft in Alpe d’Huez. Zuerst musste allerding noch der Col du Galibier (2.642 m), der Col du Télégraphe (1.566 m), Lacets de Montvernier (779 m) und der Col du Glandon (1.924 m) bezwungen werden. Beim Letzteren machten sich dann echte Ermüdungserscheinungen breit. Die letzten Kilometer immer über 10% Steigung sind für einen Flachländer wie mich, echt extrem gewöhnungsbedürftig. Zum Glück hat die kompakte Übersetzung an meinem Cannondale Evo gepasst. Oben gabs dann ne kalte Cola für 3€ als Belohnung.

Jetzt wartete nach der langen Abfahrt nur noch DER Anstieg auf mich, auf den ich die ganze Tour schon hingefiebert hatte: Einmal im Leben L’Alpe d’Huez (1.774m) mit 12,3km; und 8,6% Steigung) fahren!

Am Ende fehlten mir dann doch die Körner um das Ding »all-in« zu erklimmen, Zufrieden kam ich trotzdem oben an. Was für eine Etappe! Was für ein Tag auf dem Renner!

Tag 7: L’Alpe d‘Huez -> Grenoble

Der letzte Tag führte uns dann zurück nach Grenoble. Nicht ohne noch mal Höhenmeter zu machen. Ein besonders kräftezehrender Anstieg war der erste Teil des Chamrousse (1.713 m) 17,0 km; 7,9 %.) Einfach mal 10 km den Berg hoch mit durchschnittlich 10% Steigung. Das ist eigentlich nix für mich. »Spaß-im-Urlaub« kann ich anders definieren. Und waren wir zum Spaß hier? Spätestens als es in die Abfahrt ging, der Skiort oben passiert war und Grenoble im Tal vor mir lag, war der Spaß zurück und es wurde mit einem breiten Grinsen unser Hotel erreicht.

Eine unvergessliche Woche auf dem Renner war wieder ein mal viel zu schnell rum. Die Eindrücke der einen Woche reichen, wie so oft für Monate. Hoffentlich auch für kalte Winterabende. Es war eine ganz große WfF Tour, in welcher sich der Verein mal wieder selbst übertroffen hat. Das geht natürlich nur mit den professionellsten Helfern und Verpflegern die wir finden konnten. Claudia und Flo haben wieder alle Wünsche berücksichtigt und waren immer helfend zu Hand! Ohne die detaillierte Streckenplanung und das extrem detail-verliebte Roadbook mit Stickern für den Lenker und Verpflegungsbeutelchen wäre dies Tour auch nur halb so schön gewesen!

Bin extrem gespannt, wie sowas in 2025 noch übertroffen werden kann!

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