ERT 2018: Belgien 6. Etappe

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Oostende – Oudenaarde


Nach dem Frühstück, in einem mit Stuck und roter Samt-Tapete drapierten Raum, war ich überaus erleichtert, diesen viel zu lauten Ort Oostende und das viel zu kleine Hotelzimmer endlich verlassen zu dürfen. Ein mehrtägiger Urlaub in dieser Umgebung hätte für mich die Höchststrafe bedeutet. Gutes Kontrastprogramm zum beschaulichen, gemütlichen und allzeit entspannten Rest-Belgien, so wie ich es bisher kennen und schätzen lernen durfte. Aber nun genug davon und so freute sich Herbert, dass ich ihn auf dem Weg raus aus der Stadt begleitete.

Hier ’ne Hängebrücke, da ’nen Kreisverkehr und schon fanden wir uns auf einem herrlichen Uferradweg wieder. Die Oostende-Krone so zusagen. Nächster halt dann Brügge.

Auf dem knapp 15 km langen, schnur-stracks geraden Weg dorthin, gab es natürlich entsprechende Ausscheidungen mit den andern Fahrern, so daß Brügge nicht nur wegen der Temperaturen um 9 Uhr jenseits der 20°C, ordentlich angeschwitzt erreicht wurde.

Die Stadt bot einige interessante alte Gebäude, wurde aber trotzdem ohne groß zu verweilen von mir durchquert. Sicher hätte man hier erheblich mehr Zeit verbringen können.

Der Rest der Bande fuhr bereits weiter oder hatte andere Pläne, so daß ich von nun an erneut alleine unterwegs war. Auch gut, obwohl der ständige Gegenwind sicher in einer Gruppe besser zu bewältigen gewesen wäre. Egal, irgendwann gab es kalte Cola Zero zu 90 Cent vom Tante Emma Laden und dann war auch schon das Buffet erreicht.

Auch hier wurde ich wieder köstlichst verpflegt. Heute wollte ich mal gar nicht weiter, so gut war die Stimmung und die aufgelegte Musik.

Richtig Lust auf Kopfsteinpflaster-Wände und Klassiker-Anstiege hatte ich nicht mehr, und so entschied ich mich – ausnahmsweise – für die kurze Etappe, machte mit Manne und Stefano noch mal einen ordentlichen Zug auf und kam dann auch noch sportlich auf meine Kosten.

Nachdem unser 4-Sterne-Hotel bezogen war, besichtigten wir noch das hervorragend kuratierte Flandern-Rundfahrts-Museum im Stadtkern von Oudenaarde. Die geschichtliche Aufarbeitung des Radsports mit VR-Brille gefiel mir besonders gut. Zu Recht findet sich hier dieses tolle Museeum, denn dem geneigten Radsport-begeisterten Leser wird wissen, dass Oudenaarde der Start- und Zielpunkt der Flandern-Rundfahrt ist.

Morgen dann schon auf der letzten Etappe zur belgischen Hauptstadt nach Brüssel.

ERT 2018: Belgien 5. Etappe

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Roubaix – Oostende


Der Tag begann mit einem typisch übersichtlichen französischen Frühstücksbüffet ohne Wurst & Käse. Mir wars egal, dem Marc nicht. Dafür ging es mit zwei Nutella-Croissants intus für mich auf die Piste.

Landschaftlich erstmal eher unspektakulär, allerdings an jeder Ecke sehr geschichtsträchtige Spots. Vor ziemlich genau 100 Jahren hatte hier ein barbarischer Krieg gewütet, der eigentlich nur Verlierer kannte – wie fast jeder Krieg.

Viele Kriegsgräber und Info-Tafeln säumten den Weg. Auch gab es die erhaltene Schützengräben zu begehen. Das war mir dann doch ein wenig »zu nah dran«. Alleine die Vorstellung das hier Menschen einmal von Bomben zerfetzt oder Giftgas vergiftet hier sterbend herum lagen, ließ mich erschauern.

Aber es gab auch steile Hügel, die mich dann wieder auf andere Gedanken kommen ließen. Johannes hatte sich wieder an Original-Strecken bedient, die es in sich hatten.

Der Hügel hoch zum Ketterberg mit Kopfsteinpflaster ließ die Waden zittern. Auf der langen Strecke dürfen solche »Bon-Bons« aber auch sein!

So langsam begann ich mich nun nach dem Buffet zu sehnen. Die Gegend war auch nicht sonderlich stark besiedelt und in den kleinen Ortschaften gab es keine Supermärkte oder die Bäcker waren geschlossen. Also durchhalten!

Der Weg führte nun immer entlang des Leperlee-Kanal, auf einem schön ausgebauten Radweg.

Irgendwann tauchte, wie aus dem Nichts, das Buffet auf. Ich trank erstmal eine Wasserflasche leer und gönnte mir zwei Nutella-Stullen. Gibts ja zuhause nicht!

Nach ausgiebigen Gesprächen machte ich mich erneut alleine auf den Weg zur Küste. Gut 40 km waren noch zum Etappenziel zu absolvieren. Die Küste war schneller als gedacht erreicht und ich gönnte mir erstmal eine ColaZero in einer übelst nach Frittierfett müffelnden Fritterie zu 2,30€.

Gestärkt ging es nun auf die knapp 15 km lange Strandpromenade. Ich traute meinen Augen nicht, welch »Völkerwanderungen« hier von statten gingen. Es wirkte als wäre ganz Belgien auf diesem Streifen Strandpromenade unterwegs. Das dies keine Flaniermeile wie Venice Beach sein würde, hätte ich vorher wissen müssen, daß allerdings der Ballermann auf Mallorca hiergegen wie der Strand von San Tropez wirkte, gegen das was meinen Augen hier geboten wurde: selten so viele fettleibige Menschen an einem Ort erlebt wie hier.

White-Trash-Oostende: Bloß keinen An- oder Umfahren. Schnell Weg hier! Alles geben gegen den Wind im Ausweichen- und Bremsen-Modus.

Unser Hotel machte es dann nicht besser: die zwei Sterne sind sicher aus einer anderen Galaxie, denn die Zimmer waren so klein, daß nicht mal unsere Sachen ausgepackt werden konnten und die Zimmer so oll, weil die Hütte wohl unter Denkmalschutz steht. Das Frittierfett sicher auch, dass hier aus allen Ecken in die Nase wehte. Morgen gehts zum Glück schon weiter. Hoffentlich gibts dann wieder schönes Belgien!?

ERT 2018: Belgien 4. Etappe

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Maubeuge – Roubaix


Heute stand eine ganz besondere Etappe auf dem Programm: Es sollte auf traditionsbehafteten Kopfsteinpflaster-Passagen nach Roubaix gehen! Johannes, unser Strecken-Pabst, hatte keine Mühe gescheut und genau die Segmente aus dem Frühjahres-Klassiker Paris–Roubaix eingebaut, welche die Profis sonst auch unter die Räder nehmen.

Bis zum Buffet war aber erstmal toller Asphalt, der für erstklassigen Vortrieb sorgte. Es ging durch viele kleinen französische Ortschaften und unzählige Kreisverkehre, die meine volle Aufmerksamkeit erforderten. Einmal hätte es fast gescheppert, denn in einem Mini-Kreisverkehr, den ich für eine normale Kreuzung hielt, kam ein Auto von Links, welchem ich nur durch eine Vollbremsung ausweichen konnte. Glück gehabt und Ermahnung an mich selbst, zu mehr Konzentration im Verkehr.

Das Buffet war heute genau an der Einfahrt zum Wald von Arenberg, welcher einen tollen Blick auf das brutale Pflaster bot.

Nach diesem Sektor warteten insgesamt 9 Kilometer feinstes gröbstes Kopfsteinpflaster auf uns, immer wieder schön, schon im Vorfeld, von Johannes auf dem Garmin-Track warnend gekennzeichnet. Ich versuchte rechts oder links des Pflasters zu fahren, was aber in vielen Situationen nicht gelang. Brutalst, was die Profis da aushalten müssen!

Ich kam auch an der Stelle vorbei, an welcher der Froom vor 10 Tage in eine Hecke abgeflogen war. Unglaublich, wie man da so über das Pflaster hinwegbolzen kann!

Irgendwann war dann das Pflaster erledigt. Richtig unglücklich war ich darüber nicht. Nun gab es nur noch Gegenwind nach Roubaix.

Aber auch der wurde bewältigt und mehr als zufrieden erreichte ich diese Pilgerstätte des Radsports.

Der Strecken-Pabst hatte den Track so gelegt, daß wir im vélodrome de Roubaix, in welcher die letzte Runde des Rennens gefahren wird, auch einmal entlang fahren konnten.

Ein bewegender Moment, das Oval zu umrunden!

Jetzt nur noch 4 Kilometer zum Hotel-BB am Bahnhof und auch dieser tolle unvergessliche Tag auf dem Rad geht zu Ende!

Hammer! Was soll jetzt noch kommen?