14. Fichkona 2011

Lesezeit: 10 Minuten

oder »schlaflos im Sattel«


Die ganze Woche hatte ich gehadert: Fahr ich oder fahr ich nicht. Zuletzt war die Anreise an den Fichtelberg nicht 100%ig geklärt und mein Schweinehund hatte diese Schwierigkeit als Absagegrund interpretiert.

Doch die Anreiseschwierigkeiten wurden geglättet. In einem Bully von Anna hatten mein Rad und ich eine komfortable Anreise ins rund 300 km entfernte Burkhardtsdorf. Dort durfte ich mit meinen Sportkameraden Diana, Alex, Uwe und Raoul übernachten und am Samstag Morgen ein leckeres Frühstück bei den Großeltern genießen, bevor es mit dem Bus hoch auf den Fichtelberg ging.

Nun stand ich hier, mit 178 verrückten Radler/innen und mein Schweinehund begegnet mir erneut und fragte: »Bist du wirklich so verrückt und möchtest 24 Stunden auf deinem Rad verbringen um mindestens 600 km abzukurbeln?« Die Antwort war bei bei 8°C und starkem Wind nicht wirklich leicht, aber ein leises »Ja, ich will!« kam über meine Lippen. Nach Glockengeläut, ging es dann endlich gemeinsam den Fichtelberg hinunter.

Die ersten Kilometer rollen hervorragend, die grosse Gruppe bot komfortablen Windschatten und es ging auch fast ausschließlich bergab. Das Erzgebirge hielt aber auch gleich einige knackige Anstiege bereit, die es warm werden ließen, unter meiner Windweste.

Trotz stark bewölkten Himmels blitzt immer wieder die Sonne hinter der dichten Wolkendecke hervor und zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Der Blick auf den Garmin Edge 800 nach einer Stunde ließ mich aber erschauern und brachte mich wieder hart auf den Boden zurück: Erst 34 km gefahren und noch mindestens 570 km »to go«. Diese Zahl kreiste eine Weile in meinem Kopf. Sie ist nicht erfassbar, nicht vorstellbar, nicht kalkulierbar für mich. Meine längste Strecke die ich auf dem Rad am Stück zurück gelegt hatte, waren knapp über 300 km, also etwa die Hälfte von dem, was mir in den nächsten 24 Stunden noch bevorstehen würde.

Nach 40 km km gab es dann den ersten kurzen Halt für eine P-Pause und eine Gruppenaufteilung. Das große Feld wurde nun in vier Leistungsklassen aufgeteilt. Diana, Raoul, Uwe und ich überlegen ob wir es wagen sollen, uns der ersten Gruppe anzuschliessen. Verwarfen den Plan aber. Nicht weil wir befürchteten, deren hohes Tempo nicht fahren zu können, sondern weil wir wussten, das in dieser Gruppe an den Verpflegungspunkten nur extrem kurz pausiert werden würde. Das wollen wir uns aufgrund der Unüberschaubarkeit der Distanz und Fahrzeit dann doch nicht antun. Gute Entscheidung.

Nach ewig langen zehn Minuten machen wir uns hinter dem Mercedes Vito Führungsfahrzeug weiter auf den Weg nach Norden. Es blieb wellig. Das deutschen Mittelgebirge will gebügelt werden. Leider fuhr der Führungswagen nicht so homogen wie wir Radler uns das wünschten, denn in Senken, die wir zum Schwung nehmen nutzen könnten, um den nächsten Hügel mit weniger Kraftanstrengung zu erklimmen, bremst er aus nicht ersichtlichen Gründen ab, und das Feld somit ein.

Der mit gelb blinkenden Dachlicht des Führungswagen durfte nicht überholt werden und so blieb uns nichts anderes übrig als abzubremsen, zu schalten und den Anstieg mit mehr Kraftaufwand zu überqueren, als eigentlich nötig gewesen wäre.

An Kreuzungen und Einmündungen in Bundesstrassen übernahm das Fahrzeug aber auch die Aufgabe des »road-blockers«, und brachte den fliessenden Kfz-Verkehr für uns Radler zu einem Halt. Auch rote Ampeln wurden oft, für uns Radfahrer, blockiert. Frei Fahrt. Grosses Kino.

Nach knapp 90 Kilometern wartete die erste Verpflegungsstation auf uns. Ein perfekt organisierter Imbiss: Es gab alles, was das darbende Radfahrerherz begehrte. Vom Carbo-Riegel über lecker geschmierte Brötchen, Iso-Drinks, Bananen, Haferschleim, Brühe, Nudelsalat, zu viel um alles aufzuzählen oder gar zu verköstigen.

Mit vollem Bauch ging es nach rund zwanzig Minuten weiter Richtung Norden. Chemnitz und Grimma und auch das Mittelgebirge hatten wir jetzt hinter uns gelassen.

Auf einer langen und baumlosen Gegenwind-Passage gab es etwa fünf Räder vor mir plötzlich einen Knall und ich sah einen Radler vor mir durch die Luft fliegen. Der Radler direkt vor mir wich gleich ins Grasbett rechts neben der Fahrbahn aus und landet weich. Ich legte eine Vollbremsung hin und kam ohne Auffahren oder Sturz zum stehen. Was war passiert? Der »Bruchpilot« war wohl unkonzentriert gefahren und dabei seinem Hintermann ins Hinterrad gefahren, dadurch platzte sein Reifen was zum Sturz führte. Einige Schürfwunden und ein reparaturbedürftiges Vorderrad blieben, dann konnte die Fahrt weiter gehen. Dies war der Erste und Einzige Sturz bei der Fichkona 2011. Besser ist das!

Jetzt wurde es flacher und der aufziehende Südwind half uns, eine ordentliche Durchschnittsgeschwindigkeit zu halten. Es rollte nun richtig gut. Radfahren macht mir wieder total Freude. Die Lutherstadt Wittenberg wurde abgehakt und es ging in bekanntes Trainingsrevier. Beelitz und das südliche Havelland wurden durchquert, bevor es nach rund 270 km die dritten Verpflegung, kurz vor den Toren Potsdams, gab. Wieder war das Angebot reichhaltig an Nahrungsmitteln, wie schon an den beiden Verpflegungspunkten zuvor. Herrlich.

Auch die wartenden Polizisten freuen sich sichtlich über das kostenlose Abendbrot. Nach Anbringen der Beleuchtung, welche wir in unseren persönliche Leihsäcken deponiert hatten, führte uns dann um kurz nach 20 Uhr die Potsdamer Motorradstaffel der Polizei durch die Landeshauptstadt von Brandenburg. Der Kfz-Verkehr kam extra für uns zum erliegen und wir mussten die nächsten 15 km nicht mehr anhalten. Very V.I.P. Very nice.

An der Ausfallstrasse hinter der Landeshauptstadt wartete mein Kettenbruder Christoph T. mit einer eisgekühlten Cola Zero auf seinem Renner auf mich. Genau das was ich jetzt brauchte, vor der bevorstehenden Nacht auf dem Rennrad. Hundert mal besser als der Pulverkaffee an den Verpflegungspunkten. Koffein musste nun sein. Keine Lust auf Sekundenschlaf oder erhöhten Leistungsabfall bedingt durch Müdigkeit.

Christoph begleitete uns bis zum Kreisverkehr Glienicke. Dieser kurze Sektor war kurzweilig und das Gespräch eine willkommene Abwechslung.

Leider bog das Führungsfahrzeug am Kreisverkehr in Glienicke falsch ab und führte uns statt nach Falkensee zum Rathaus Spandau. Ich fuhr nun zum wiederholten mal nach vorne zum Vito und versuchte dem Fahrer klar zu machen, das wir der offiziellen Strecke nicht mehr folgen. Leider war dieser nicht wirklich gesprächsbereit und quittierte meinen Einwand mit »Na dann fahr doch nach Deinem Navi«. Nicht sehr hilfreich. Eigentlich hätte es mir ja egal sein können, wie wir fahren, Hauptsache aus den 601 Kilometern werden nicht 650. Das wir Falkensee ausließen war aber unschön, weil Uwes Familie und auch Susanne K. uns dort an der Strecke erwarteten.

Hinter Velten war das Führungsfahrzeug komplett verwirrt und wusste nicht mehr, wo es uns hinführen sollte. Wir diskutierten kurz, woraufhin Uwe, der in Falkensee zu Hause ist, ich und mein Garmin Edge 800 die Führung übernahmen. Sehr angenehm mal kein blinkendes Fahrzeug vor sich zu haben und einfach in die Nacht zu pedallieren. Hinter Vehlefanz, in Schwante bogen wir rechts ab, um in Germendorf wieder den offiziellen Track zu erreichen. Uwe bemerkte als Erster, das uns das Führungsfahrzeug nicht mehr folgte. Er wurde nervös, denn im Reglement steht ja »dem Führungsfahrzeug muss unter allen Umständen gefolgt werden, sonst droht Disqualifikation«

Ich blieb entspannt. Was sollten wir auch tun? Umdrehen und den Vito suchen? No way! So ging es weiter durch den dunklen Wald. Schlagartig war es richtig dunkel und ich freute mich über meine helle Beleuchtungsanlage, dessen Akku die ganzen 7 Stunden in der Nacht durchhielt. Fünf Kilometer hinter Germendorf holte uns der Vito wieder ein. Uwe war glücklich den wir hatten den gelben Blinker wieder vor uns.

Nach Oranienburg begann die wirklich stille Zeit. Wenige Gespräche wurden geführt, nur das nötigste gesagt. Die einzigen Geräusche die uns durch die dunkle Nacht begleiteten waren nun die surrenden Ketten. Der Zen des Radfahrens begann: Bei sich sein, in sich hinein horchen, an schöne Dinge denken, Dinge die einem momentan fehlten, die man vermisste, aber auch seinen Körper spüren und Eins werden mit dem Rad, der Strasse und der unsichtbaren schwarzen Natur um sich herum.

Raoul schloss zu mir auf und fragte, wie weit es noch bis zur »kleinen Banane« sei. Er wusste das ich alle Verpflegungspunkte auf meinem Garmin Edge 800 gespeichert hatte und somit metergenaue Angaben machen konnte, wie weit es noch bis zum »Futter« war. 23 Kilometer bis Gransee. An der Tankstelle dort gab es wieder die gewohnte reichhaltige Auswahl an Speisen und Getränken. Auch Red-Bull wurde gereicht, was ich aber noch nicht zu mir nehmen wollte. Nach diesem „Ultra-Wachmacher“ wollte ich erst greifen, wenn ich sehr müde sein würde. Diesen Zeitpunkt erwartete ich erst kurz vor dem Sonnenaufgang.

Gruppe Drei kam nun auf die grosse Shell-Tankstelle. Ein klasse Bild, die vielen leuchtenden Räder. Jetzt war es für uns an der Zeit, wieder in die dunkle Nacht aufzubrechen. Der Sektor bis zur Verpflegung #5, der wieder rund 90 km lang war, fuhren wir komplett bei Dunkelheit. Die erste Stunde hinter der Verpflegung ging es mir gar nicht gut. Ich hatte zu viel gegessen. Die Haferkekse waren einfach zu lecker. Nun bekam ich die Quittung: Mir war übel, alles drehte sich und ich war angeschlagen. Die Beine fühlten sich aber gut an. Das gab mir Mut und ich wusste, das es weiter gehen würde. Die Blase drückte aber wieder und ich freute mich, das uns das Führungsfahrzeug einbremste und an den Straßenrand zur P-Pause wies. Die Blase war leer, aber das komische Gefühl exponierte sich weiter. Stehen fühlte sich irgendwie falsch an. Die Beine mussten sich rotierenden bewegen, sonst war was faul. Ich war froh, als wir wieder in den Sätteln saßen und weiter kurbeln durften. Das komische Gefühl verschwand langsam und der Spass kehrte zurück.

Immer wieder beobachtete ich den Horizont, ob den die Sonne aufgehen würde, aber es blieb bis Klatzow stock-dunkel. Der Akku meiner Beleuchtung hielt, auch das externe Akku-Pack für meinen Garmin Edge 800 machte Freude: ich konnte mit Hintergrundbeleuchtung im Display fahren ohne die doch etwas spärliche Standardlaufleistung von 14 Stunden des internen Akkus nutzen zu müssen. Damit war die Versorgung und Lesbarkeit von lebenswichtigen Strecken- und Vitalinformationen über die gesamten 600 plus X Kilometer, gewährleistet.

Nach rund 500 Kilometern um halb Fünf zeigte sich die Sonne und meine externes Phillips Akku-Pack verabschiedete sich ohne Vorwarnung mit der Nachricht im Display »Externe Stromversorgung nicht verfügbar«. Kein Problem, denn der interne Akku war ja noch voll, im Gegensatz zu meinem internen Akku, der war leer und schrie nach Red-Bull.

An der Verpflegung #6 in Grimmen gab es dann zum Frühstück Cola-Gel und Red-Bull. Ein künstlicher Energieschub durchdrang meinen Körper. Auf dem Rad begann ich wieder ausgiebige Gespräche. Die Beine brannten eigentlich nie, aber nun begann der Hintern zu schmerzen. Auch eine Assos tK.434_S5 kann mich an den Sitzhöckern keine 600 km schmerzfrei halten. Das war wirklich das Einzige, was mir nun ein wenig die Freude am Radfahren verleidete.

Das Fahren wurde wieder abwechslungsreicher, denn wir erreichten Stralsund. Ein Polizeifahrzeug wartete dort auf der Zufahrtstrasse zur Stralsund-Brücke auf uns. Eine Spur wurde extra für uns dicht gemacht und herrliche 178 Höhenmeter wurden erklommen. Auf der Brücke bot sich ein überragender Blick auf die Bucht von Stralsund.

Jetzt waren es noch wenige Kilometer zur letzten Verpflegung #7. Dort gab es noch ein Salami-Brötchen für mich bevor es auf die letzten beschwerlichen 50 km nach Kap Arkona ging. Der Himmel zog richtig zu und es regnete ein paar wenige Tropfen. Die Einzigen auf den letzten 550 Kilometern. Wirklich stören liessen wir uns dadurch nun aber auch nicht mehr. Niemand wollte mehr in der Führung fahren und so waren immer wieder die selben Gesichter vorne zu finden. Egal, zweistellige Restkilometer, was will man mehr!

Fünf Kilometer vor dem Kap verließ uns das Führungsfahrzeug um den Kap-Sprint einzuläuten. Erst wollte ich nicht mitgehen, dann war es zu spät: Auch ein beherztes Antreten verhalf mir nicht, wieder an die Ausreisser heran zu fahren. Egal. Zu gewinnen gab es hier für einen Einzelnen nichts mehr. Die Freude darüber, mehr als 600 km mit eigener Muskelkraft abspulen zu können, das ist der eigentliche Gewinn!

Raoul konnte den Sprint für sich entscheiden und wir freuten uns gemeinsam bei Bratwurst und Radler an dem kleinen Imbiss am Kap über die vollbrachte Leistung. Extrem großes Kino, was wir da in den letzten vierundzwanzig Stunden getan haben!

Nach dem Frühschoppen meldete sich die Müdigkeit und ich sehnte mich nach Dusche, frischer Kleidung und einem Bett. Davor mussten aber noch 12 km zurück zum Zeltplatz geradelt werden. Das wurde locker angegangen und als »Ausrollrunde« deklariert.

Auf dem Zeltplatz schliefen wir frisch geduscht in unserem bereitgestellten Wohnwagen innerhalb von wenigen Sekunden, pünktlich zur Mittagszeit, ein. Auch die vielen Mücken konnten uns nicht von unserem verdienten Schläfchen abbringen. Um 17 Uhr rundete ein Strandspaziergang inklusive Anbaden einiger Teilnehmer und eine weitere Bratwurst mit Radler und Mit-Radlern diese herrliche Veranstaltung ab.

Fazit: Eine ganz besondere persönliche Grenzerfahrung über 600 Kilometer am Stück mit dem Rennrad zurückzulegen. Dieses Erlebnis ist jedem zum empfehlen, der gerne lange Rad fährt.

Die Fichkona ist professionell und mit viel Liebe organisiert. Die Veranstalter und sein Team sind zu jederzeit freundlich und hilfsbereit und möchten die Fahrt so perfekt wie möglich durchführen. Für die 202,- € Startgebühr erhält man eine gute Leistung. Die Verpflegung entlang der Strecke, alle 60 bis 90 km, ist erstklassig. Auch der Zugang zu meinem Kleidersack an den Verpflegungspunkten hat prima geklappt. Das Team rund um Olaf S. war immer hilfsbereit und freundlich und ich merkte, das diese Veranstaltung von dem Team nicht zum Ersten mal ausgerichtet wurde. Der älteste von den 178 Teilnehmer war 71 Jahre alt. 6 Frauen waren am Start und ein Mitfahrer hat zum 11. mal teilgenommen.

Ein kleiner Wehrmutstropfen bleibt: Die Streckenführung lief nicht wirklich synchron mit der ins Internet gestellten Originalstrecke. Eigentlich kein Beinbruch, wenn denn der Fahrer des Führungsfahrzeugs souveräner navigiert hätte. Ein Problem, das sich technisch lösen lässt: Statt Autonavi, einfach einen Dakota 20 oder ein nüvi 2340LT ins Führungsfahrzeug, den Track drauf laden und der Lila-Schnur folgen.

Achja und Milchreis neben Haferschleim und ich wäre an den Verpflegungspunkten noch glücklicher gewesen. Fichkona habe ich nun auf meinem Zettel abgehakt, mal schauen, ob es in 2012 wieder draufsteht!?

Vätternrundan 2011

Lesezeit: 5 Minuten

oder »Eine Strecke nach meinem Geschmack«


Um 3:10 Uhr klingelte der Wecker, den ich zum Glück nicht hörte, weil ich mit Ohrstöpsel schlief. Mein Kettenbruder Christoph hört ihn aber, weckte mich, schlüpfte in seine Radklamotten und machte Frühstück, bevor ich mir das Gesicht gewaschen hatte. Super!

Nach Pulverkaffee, Brötchen mit körnigem Frischkäse und Erdbeermarmelade wurden auch schon die Räder auf Erik’s Passat-Dach verladen und es ging auf die rund 50 km nach Motala. Am Ortsausgang, oh Schreck, fiel mir ein, das mein Garmin Edge 800 noch im Hotel am Ladegerät hing. Kurze Panik, aber Erik war so freundlich umzudrehen und zum Hotel zurück zu fahren. Ein Glück war mir das nicht erst in Motala aufgefallen. Ohne Garmin Edge 800 – geht ja gar nicht.

Die Anreise war in 45 Minuten erledigt und wir parkten im Ort, nahmen die Räder vom Dach und fuhren auf direktem Weg zum 2 km entfernten Startplatz, auf dem schon viele Radler versammelt waren. Das Timing stimmte, denn wir hatten noch gut 20 Minuten, bis wir an der Reihe sein würden, und so blieb genug Zeit für das notorische Starter-Foto.

Der Startplatz war nicht überfüllt, da in Blöcken gestartet wurde. Ca. 150 Fahrer/innen, von den 19.110, wurden im 5-Minuten-Rhythmus auf die Strecke gelassen. Ein Motorrad mit Beiwagen begleitete uns die Stadt hinaus und fuhr moderat vorne weg, so dass nicht schon gleich in der kurvigen Innenstadt das Gebolze los ging. Sehr schön.

Draußen auf der Landstraße sortierte sich dann schnell das Feld und wir wollten, trotz starken Gegenwindes, in der Führung mitmischen. Merkwürdigerweise wollte uns die 12 Mann vom Team-Rot aber nicht mit kreiseln lassen, was sie uns auch unmissverständlich zu verstehen gaben. Egal, denn nun bestand Christophs und meine Aufgabe darin, das restliche Feld von den Kreiselnden abzuschirmen. Interessant zuzusehen, wie die Gäng immer vor uns am rotieren war. Das ging ca. 20 km gut, bis Team Fight-Diabetes mit ca. 30 Mann und einer Frau von hinten aufrollten und die Kreiselnden mächtig durcheinander brachten.

Die erste Verpflegung wurde links rechts liegen gelassen und von nun an im großen Pulk, recht unruhig mitgerollt. An einen Stop war nicht zu denken. Ein Fahrer aus dem Diabetiker-Team verrichtete seine Notdurft sogar während der Fahrt. Dachte sowas kriegt man nur bei der TdF zu sehen.

Nach rund 70 km machte mein Speichenmagnet mal wieder unangenehme Geräusche. Ich entschloss ich mich dem Feld kurz davon zu fahren, und nach einem kurzen Stop wieder ins Feld einzureihen. Christoph hielt auch an und das Feld mit Erik mitten drin, preschte an uns vorbei. Wir versuchten wieder Anschluss zu bekommen – vergeblich. Das schnelle Feld war nicht mehr einzuholen. So ein Mist, denn wir ließen dafür auch die 2. Verpflegung sausen. Nun gab es erst in Jöngköping am südlichsten Punkt nach 100 km was zu futtern.

Dort angekommen wartet Erik schon an der Einfahrt der großen Lagerhalle, in der die Speisen gereicht wurden, auf uns. Die Auswahl war überschaubar und bot typisch schwedisch und britische Nationalkost: Porridge, Köttbullar gebraten mit Preiselbeerkompott und Kartoffelpüree, sowie Milch, Kaffee und kleine Milchbrötchen oder Wasa-Knäcke. Alles keine Speisen, die ein Berliner Radfahrerherz erfreut. Ich machte mir den Preiselbeerkompott in die Milchbrötchen, ne Tüte Milch dazu und war halbwegs zufrieden.

Gestärkt ging es nun in die nächsten beiden Drittel der Runde. Nach passieren der eher unattraktiven Stadt Jöngköping ging es wieder in schöne Wälder entlang des Vättern-Sees. Nun hatten wir Rückenwind und es lief ganz hervorragend. Erik wollte sein eigenes Tempo fahren. Christoph und ich fuhren von nun an leider ohne Erik Ete weiter und machten an den Hügeln ordentlich Druck.

Interessant zu beobachten war, das die Schweden ein Hindernis nicht mit Handzeichen hinter dem Rücken signalisieren, sondern sich kurz und knackig auf den Hintern der Gefahrenseite klopften. Ein Name für diese Aktion war schnell gefunden: Der Schweden-Klaps!

Christoph und ich steuerten, strategisch schlau, die nächste Verpflegung an um Erik wieder einzusammeln, leider bemerkte Erik das erst, als er schon an uns vorbeigefahren war. Nun war unsere neue Mission klar definiert: Ete jagen!

Bei dieser Mission verlor ich leider Christoph, sammelte aber jede Menge andere Fahrer ein, die sich dankend bei mir ins Schlepptau hingen. Ich hatte richtig Spass an der Führungsarbeit und bevor ich mich versah, war ein riesen Schwanz an Rennradlern hinter mir. Dabei lernte ich Johan, den Ironman, mit seinen beiden Buddies kennen, die dankbar für meine ausgiebige Führungsarbeit waren. Bei mir lief es heute wirklich super und ich wollte nicht mehr vorne raus gehen. Der Rückenwind gab mir Schub und die kurzen knackigen Wellen waren genau mein Revier.

Mit Johan blieb ich bis zum Ziel zusammen. Dieser amüsierte sich köstlich, als ich neben dem Tempomachen im Wind auch noch die Kamera zückte und dieses Foto machte. Er beteiligte sich an der Führungsarbeit, was mich sehr freute und entsprechend kurzzeitig regenerieren ließ. Die letzten 50 Kilometer ging es wieder nach Süden und das bedeutete Gegenwind.

Johan verlor bei diesem Kampf leider seine Kettenbrüder und so kamen nur er und ich in den Landkreis von Motala. Immer wieder überholten wir viele Radler die mit ihren Kräften am Ende waren oder Anstiege gar schoben.

Die letzten 10 Kilometer drehten wir noch mal richtig am Rad und beschleunigten oft über 40 km/h. Im Ziel kamen wir grau aber glücklich an.

Dort hatten sich schon großen Mengen an Radlern in der Zielgasse gestaut, denn die Transponder mussten abgegeben werden und auch eine Medaille wurde einem umgehängt.

Das wars dann aber auch schon: Kein Kaltgetränk, keine weitere Verpflegung, Nicht mal ein Erfrischungsgetränke-Stand war in Sichtweite. Für eine Cola-Zero musste ich fast einen weiteren Kilometer mit dem Rad fahren. Schade.

Fazit: Eine herausfordernde Runde über knapp 300 Kilometer im Herzen Schwedens bei herrlichem Sonnenschein und fast wolkenlosem Himmel ab 5 Uhr. Durch die 40-jährige Erfahrung sehr gut organisierte Abläufe und Straßensperrungen. Die Streckenführung ist abwechslungsreich und es gibt viel aufs fürs Auge. Negativ aufgefallen ist mir die relativ einfache Verpflegung, die an den folgenden Stationen nur noch Milchbrötchen, Wasser, Honigwasser und Johannesbeersaft bereit hielt. Für 120 € Startgeld hätte auch ein FInischer-Trikot oder wenigsten eine Getränkeflasche bzw. Zielverpflegung gut gepasst. So steht das Startgeld leider in keinem Verhältnis zur gebotenen Leistung.

Eine Veranstaltung die ich gerne auf meinem Zettel hatte und abgehakt habe.

Ödeshög -> Motala -> Ödeshög

Lesezeit: 3 Minuten

oder »Einrollen auf schwedisch«


Nach einer langen und relativ anstrengenden Anreise am gestrigen Donnerstag wollten wir unseren Tag vor dem Rennen nutzen, um ein wenig einzurollen.

Da bot es sich an, ins rund 60 km entfernte Motala zu fahren, um die Startunterlagen mit Transponder abzuholen. 60 hin, 60 zurück, fertig ist die Einrollrunde. Allerdings hatten wir die Rechnung ohne Petrus gemacht, denn der bescherte uns die ganze Nacht regen und als wir runter zum Bäcker gingen um süße Teilchen und Kaffee zu frühstücken, kippte er riesige Tropfen auf uns nieder.

Die Laune sank trotzdem nicht, denn wir waren im Urlaub und Christoph hatte Geburtstag. Die zweite Option wäre gewesen, mit dem Auto nach Motola zu fahren, aber als die süßen Teilchen verschlungen und der dritte Kaffee getrunken waren, zog der Himmel auf und wir entschlossen uns die Räder zu nehmen und nach Norden aufzubrechen. Gute Entscheidung, denn der Wind blies von hinten und wir fuhren herrliche Nebenstraßen, die wir gestern mit BaseCamp geplant und auf den Garmin Edge 800 geschubst hatten. Nässe kam nur von unten und Christoph ließ sich zu den Worten hinreißen, das er noch nie auf so schönen Wegen unterwegs gewesen sei. Wahrlich herrlicher Asphalt, leichte Anstiege hinauf, immer direkt am See entlang durch herrlich duftende und grüne Wälder. Weit und breit keine Autos die den Flow stören könnten. Herrlich!

Nach 20 Kilometern wurde es flacher, aber der Wind blies uns weiter Richtung Motala. Nach knapp 2 Stunden erreichten wir die knapp 30.000 Einwohner große Stadt und viele Ordner waren schon damit beschäftigt den Autoverkehr in entsprechende Bahnen umzuleiten. Für uns als Radfahrer war es ein leichtes, den Stadtkern zu erreichen und das große Zelt auf dem Marktplatz mit der Startnummernausgabe ausfindig zu machen.

Nach einem kurzen Fotostop verschwanden wir in dem riesigen Zelt, in dem nach der Startummern-Ausgabe auch noch eine Bike-Verkaufsmesse abgehalten wurde. Dort gab es für den Bike-Enthusiasten alle, was sein Herz begehrte. Vom Teilnehmer-Shirt über Trikots, Radhosen, Helme und Beleuchtung, bis zu Garmin und Polar. Teilweise aber zu gepfefferten Preisen. Gut das wir schon komplett ausgestattet waren.

Der Rundgang machte Appetit, deshalb musste eine Bäckerei in der Fussgängerzone aufgesucht werden. Nach wenigen Minuten war einer gefunden und es gab Kaffee mit leckerem Gepäck von einer hübschen und freundlichen Bedienung – eine echte schwedische Sahneschnitte!

Die Sonne ließ sich nun auch noch blicken. Bevor wir den Heimweg antraten fuhren wir noch runter zum Vättern-See, machten ein Foto am auf dem Vätternrundan-Denkmal, durchfuhren den morgigen Startbereich und dann auf leider teils unbefestigten Wegen eine neu geplante, andere Route an dem riesigen Täkern-See vorbei zurück nach Ödeshög.

Die Rückfahrt war beschwerlich, denn der Wind, der uns auf der Hinfahrt so schön nach Motala geblasen hatte war nun gegen uns gerichtet und wir hätten Mühe, den Tacho oberhalb der 30 km/h zu halten. Zu allem Übel routete uns der Garmin nun auch über unbefestigte Wirtschaftswege Naturpfade, aber mit 15 Kilometern to-ride ist das eigentlich auch kein Problem und ließ die Laune nicht sinken.

Fazit: Ein wunderbare rullande runt, die uns Schweden von seiner fast schönsten Seite präsentierte. Mit weniger verhangenem Himmel, wäre die Runde eine echte Perfect 10.