Hamburg->Berlin 2011

Lesezeit: 5 Minuten

oder »Fab-Five auf neuen Wegen«


Der Wecker klingelte pünktlich um 5:20 Uhr, nach einer sehr unruhigen Nacht. Immer wieder wurden wir durch Geräusche von draußen durch das offene Fenster geweckt. Sicher war es auch die Aufregung Vorfreude, welche uns wenige Tiefschlafphasen bescherte. Egal, denn wir wollten ja pünktlich auf der Strecke sein und waren nicht zum Ausschlafen nach Altengamme gekommen.

Um 5:45 fuhren wir mit all unseren Habseligkeiten bepackt, zum, wenige 100 Meter entfernten, Altengammer Fährhaus. Dort fand wieder die Akkreditierung statt. Zusätzlich hatten die Veranstalter wieder, zusammen mit dem Wirt des Altengammer Fährhauses, ein sehr leckeres Frühstücksbuffet gezaubert. Da wir heute sehr zeitig am Start waren, konnten wir schnell die Startnummern in Empfang nehmen und in Ruhe zum Frühstück schreiten. Keine Hektik. Kein Stress. Klasse.

Nach und nach trudelten nun auch die Elite-Jedermänner der Hauptstadt ein, sowie die beiden ESK-Teams, welche ich freudig begrüßte. Die Zeit bis zu unserem Start verging wie im Flug und bevor wir uns versahen, wurden wir auch schon um 6:49 Uhr angezählt, und auf die Reise in die Hauptstadt geschickt.

Was sofort auffiel: Es war kalt. Sehr kalt. Ich mochte gar nicht auf den Thermometer meines Garmin Edge 800 sehen. Dieser zeichnete eine Tiefsttemperatur von -3°C auf. Nicht unbedingt das Wetter um mit  ¾-Hosen durch die Bundesländer zu fahren. Aber was soll’s. Jammern würde mich auch nicht nach Hause bringen und so wurde in die Pedale getreten, das es möglichst schnell warm würde.

Wie schon in den Jahren zuvor wurden nun andere Teams kassiert und ausgespuckt. Einige versuchten sich bei uns reinzuhängen, aber nicht mit in der Führung zu arbeiten. Die wurden dann, wenig später, in den Hitzacker-Bergen-Hügeln in die Schranken gewiesen. Zwei Rennfahrer konnten das Tempo unseres Teams halten und blieben bis Dömitz unsere Begleiter.

Dort angekommen, waren wir, wie schon im Jahr zuvor, das erste Team. Einige Liegeradler waren schon durch, aber das tangierte uns nicht. Auf dem großen Parkplatz schien die Sonne, und so langsam tauten unter großen Schmerzen die Finger und Füße wieder auf. Naja, wenigstens war es trocken. Die Helfer vom Veranstalter Audax-Club-Schleswig Holstein halfen uns rührend beim Flaschen füllen und Joghurtbecher aufreißen. Denn das war mit den doch recht klobigen Handschuhen und den steifen Fingern, alles andere als einfach.

Nach kurzem Hinterrad-Luft-Service ging es nun auf den recht kurzen Sektor, in Richtung Wittenberge. Schon wenig Kilometer hinter Dömitz erreichte uns die Hiobsbotschaft unseres Team-Kameraden Andi: Er könne nicht mehr und war leer. Das nach nicht einmal der Hälfte der Strecke! Das es schwere Momente auf der langen Fahrt gab und geben würde, war mir von meinen vielen HH->Berlin-Fahrten bekannt. Meist ereignen sich diese nach Havelberg, im Death-Valley von Brandenburg, aber nicht vor Halbzeit. Ich war unter Schock. Was sollten wir tun? Andi wollte in Wittenberge in die Bahn gesetzt werden und bis Nauen fahren. Wenn er dort wieder ins Team zusteigen würde, wäre das unfairer Sport gewesen. Wir wären, sofern das rausgekommen wäre, hochgradig, zu recht, disqualifiziert worden. Wir hätten ihn einfach rausnehmen zurücklassen können und dafür eine Zeitstrafe kassiert. Nein, das alles waren nicht wirklich Optionen, die einer ordentlichen Überprüfung stand gehalten hätten.

Mir war klar, das wir das hohe Tempo, welches wir zu Anfang gegangen waren, nicht bis zum Ziel würden halten können. Ebenso war dieser Sektor einer der un-spannendsten unserer Tagesausfahrt: Viele, bis an den Horizont reichende, gut asphaltierte, Wirtschafts-Schleich-Wege, gewürzt mit Wind von vorne. Nicht gerade das unterhaltsamste Programm, um Spass am Radfahren zu haben. Die Überlegung wie zu verfahren sei, kostete mich auch Körner: ich konnte mich nicht auf die Navigation konzentrieren und wir bogen prompt falsch ab.

Fünf Kilometer vor Wittenberge dann das letzte entscheidende Kurzgespräch und ich konnte Andi umstimmen, doch das Ding mit uns zu Ende zu fahren. Wir versprachen, das Tempo zu reduzieren, Andi selten oder nicht mehr im Wind fahren zu lassen. Es war ja nicht so, daß wir alle, außer Sebastian, noch voller Energie wären. Wir hatten auch unsere toten Punkte und es ging zäh im Wind. Aber dafür fährt man ja im Team: One for all – all for one.

So ging es hinter Wittenberge glücklicherweise weiterhin zu Fünft weiter und dank der neu eröffneten Brücke konnten wir wieder von der Vorjahres-Strecke ein paar Kilometer einsparen. Bevor wir uns versahen, waren wir in Havelberg, wo unsere zweite geplante Rast am Netto-Supermarkt mit Backshop stattfand.

Leider machte ich dort wieder meinen Anfänger-Gier-Ess-Fehler: Ich überfraß mich an Kuchen und Frischei-Waffeln. Wann werde ich das endlich mal in den Griff bekommen? Nun folgte auch mein persönlicher Alptraum-Sektor: Von Havelberg nach Rhinow: 2 Ortschaften, Eine mit bösem Kopfsteinpflaster, sonst endlos lange Straßen und Alleen ohne irgend etwas zum gucken. Nicht einmal ein paar Wälder die einem vor den Windböen schützen. Meine Kettenbrüder arbeiteten hier sehr fleißig im Wind und bevor ich mich versah, hatten wir auch schon Rhinow erreicht. Formidable!

Bis Friesack war es jetzt auch nicht mehr weit. Kopfkino lief auf Hochtouren, denn jeder Ort war nun bekannt. Allerdings wollten wir in Friesack eine neue Streckenvariante wagen: Direkt über die B5 nach Nauen. Der Asphalt war sehr gut und die Bundesstraße auch meist breit und gut ausgebaut. Allerdings kosteten die Wellen und vielen Autos doch einige Körner und ich war heil froh als wir Nauen erreicht hatten. Nun noch am B5-Center vorbei, bzw. durch die Outlet-Center-shoppenden Samstagsausflügler geschickt hindurch manövrieren, bevor es auf den B5-begleitenden Radweg nach Spandau ging. Nicht nur hier zahlte es sich aus, Sebastian mit dabei zu haben, denn er kannte die Strecke hier wie seine Westentasche und wir waren in 0-Komma-nix auf der Heerstraße und am Abzweig nach Gatow.

Den letzten Hügel hinauf wurden wir noch von einem Silber-Rücken-Team kassiert, welches mehr als 30 Minuten nach uns gestartet war. Oh what a pain! Der Schmerz verflog aber schnell, als wir vom Rad steigen durften, unsere Startnummern gescannt waren und wir uns zu dem gelungenen Team-Play in den Armen lagen.

Wieder eine ganz tolle Veranstaltung, mit einem exzellenten Team. Mein Dank gilt meinen Kettenbrüdern Sebastian, Ralph, Sven und Andi ohne die, diese neue Team-Bestzeit nicht möglich gewesen wäre! Ganz großes Kino!

Nachtrag am 20.10.2011: Solltest Du nun noch nicht genug von diesem Bericht von HH->Berlin 2011 Berichten haben, empfehle ich den Bericht von Alexander auf Alexanders Rennrad Touren Blog oder den Einen oder Anderen Bericht vom ESK oder vielleicht von Oliver, dem Sysadmin by bike oder auch noch vom Teams RST Lübeck oder noch ein Bericht im Leipziger Rennradforum. Zu guter letzt darf natürlich auch der, meiner Meinung nach in manchen Bereichen etwas zu ausführliche Bericht vom Cervelover nicht fehlen. Sollte ich Deinen Bericht vergessen habe, so ergänze ich diesen gerne!

Nachtrag am 25.10.2011: Nun stehen endlich die Ergebnisse fest: Wir sind 13. von 106 geworden. Leider hat es nicht für die Top10 gereicht. Vielleicht im nächsten Jahr?

Noch mehr Statistik: Das war heute meine 500. Ausfahrt mit einem Garmin-GPS.

 

13 Antworten auf „Hamburg->Berlin 2011“

  1. Super Bericht! Ihr seit wirklich klasse als Team gefahren. Ich habe (mit Tieflieger) zweimal recht lange gebraucht, um euch einzuholen. Kein anderes Team hat so perfekt gewechselt, ist so diszipliniert in Reihe gefahren und hat so wenig Zeit an Abbiegungen verdrödelt. Sah sehr professionell aus!

  2. Jetzt weiß ich auch, warum ich mich nach Dömitz gefühlte 1000 Mal umgedreht habe und mir dachte: „Wo bleiben die??….Kaffeekränzchen?…Plaudern die mit den ESKlern in Dömitz doch länger…Unfall?…Defekt?…Verfahren?…Geheime Superroute?…etc.“ Aber an nen leeren Akku habe ich bei Eurer Anfangspace nicht gedacht 🙂
    Danke für die super Bilder vom Sonnenaufgang im Nebel, jetzt weiß meine Perle wovon ich geschwärmt habe an dem Tag…
    Da Ihr ja an Eurer Strecke zu feilen scheint, noch folgender Tip: versucht mal in Dannenberg nicht geradeaus auf der Elbstraße zu fahren, sondern scharf rechts nach Dannenberg, dann nach der Brücke der Castorbahn links in Straße „Seerau“, wieder unter der Bahn durch, dann rechts nach Pisselberg (kein Witz….), weiter nach Dannenberg, dann über Bahnhofstraße zur B191.Dort entweder Radweg (links, später Brücke auf rechte Seite) oder als Team auf der Straße. Alles ok asphaltiert und ohne Hindernisse und auch landschaftlich nett.
    Besten Dank fürs mitfahren nochmal!

  3. …doch nur 13., sagt die mittlerweile publizierte Ergebnisliste. Hm. Fühlte sich besser an ;-D

    Fühlt sich immer noch richtig gut an 😉 Echter Paukenschlag am Ende der Saison, danke nochmal – und hoffentlich wieder!

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