Die Nacht »Rad am Ring«

Lesezeit: 3 Minuten

oder „Oh what a night!“


Jetzt war es so weit: Die Sonne verschwand am Horizont und es wurde Dunkel. Wir waren vom Material her gut für die Nacht gerüstet: Alle hatten sehr leuchtstarke Scheinwerfer an Ihren Rennern. Dank der Leihgabe von Karsten konnte ich sogar mit zwei Scheinwerfern fahren. So standen auch tollkühnen Abfahrten bei Nacht nichts im Wege.

Mein Runde, die 13. (!), begann um kurz vor Eins, die Transponderübergabe während der Fahrt klappte super: Wir reichten uns den Transponder in einer leeren Wasserflasche währende der Fahrt – wie bei einem Staffellauf. Zuerst musste ich mich jedoch an die absolute Dunkelheit gewöhnen, da ich die Strecke nun aber schon ein wenig kannte konnte ich mich recht schnell drauf einstellen.

Ich hatte den VP (Virtuellen Partner) von einer vorigen Runde – im Hellen – aktiviert und wollte sehen wie sehr ich an eine helle Rundenzeit anknüpfen werde können. Es lief recht gut ich war immer weniger als 200m hinter mir. Sicher auch bedingt durch den wenigen Radverkehr und die langsameren Abfahrer bei Nacht. Ich ließ es ordentlich krachen und verblies viele Körner, denn nach dieser Runde hatte ich für mehr als 4 Stunden Pause, da die 14. Runde eine Doppelrunde für meine Teammitglieder sein sollten. Wir hatten das vorher so eingerichtet, damit jeder in der Nacht eine längere Pause zum schlafen hatte.

Ich kam nach 53 Minuten nur wenige Meter hinter meinem VP in die Boxengasse und da passierte das Malheur: Ich griff in meiner Angespanntheit nicht nach der Transponderflasche und übergab sie Peter sondern schickte ihn mit meiner fast leeren Wasserflasche in die Nacht!

Nach wenigen Minuten im Klappstuhl sitzend in der Box bemerkte ich das auf unsere Tisch nicht meine Wasserflasche stand, sondern die Transponderflasche!

Panik! Ich war entsetzt und eine schnelle Entscheidung musste her. Ich entschied, erneut auf eine Rund zu gehen, mit Transponder und bat Jan, der den Boxen-Telefon-Funk zu diesem Zeitpunkt leitete, Peter anzurufen. Dieser ging, verständlicher Weise, erstmal nicht an sein Handy. Er sollte ja fahren und nicht telefonieren.

Ich machte mich unmittelbar auf die Reise, war aber so zerstreut, das ich mein Handy vergaß. Also noch mal umkehren und los. Ich hoffte innig, das Jan Peter erreichen würde, denn es wäre fatal, wenn Peter 2 Runden durchfahren würde, ohne zu merken, das er nur meine Trinkflasche an Board hat.

Ich war so durcheinander auf meiner zweiten Runde, ja auch kaputt durch die große Anstrengung, das ich mich an der ersten Senke verschaltete und die Kette absprang. What a nightmare! Angehalten hektisch die Kette wieder aufgelegt und weiter.

Nun begannen die Steigungen und das Handy klingelte! Anhalten, Handy auspacken, Jan war dran. Er hatte zum Glück Peter erreicht und mit Ihm ausgemacht das dieser vor der Opel-Steilkurve auf mich warten würde. Klasse dort würde ich wohl in maximal fünf Minuten auch eintreffen und könnte dann den Transponder übergeben.

In der Nähe vom Treffpunkt hörte ich schon Peters Stimme meinen Namen in die Nacht hinein rufen. Ich Übergabe den Transponder mit einer großen Entschuldigung. Peter antwortete: „Es gibt schlimmeres“, was mich wieder richtig aufbaute: Wahrer Sportsgeist! Ganz großes Kino!

Ich hatte nun meine Strafe auszulöffeln und musste diese Fehlrunde zu Ende fahren. Die Anstiege sind auch langsam nicht ohne und kosten ordentlich Körner. Aber wenigstens musste ich nicht auf die Uhr schauen und musste nicht im Time-Trial-Tempo den Rundkurs absolviere.

Am Ende kostete uns diese 14. Runde 12 Minuten extra. So fatal wie sich die Situation für mich am Anfang darstellte, hätte es weit aus schlimmer kommen könnnen. Nun muss ich wohl befürchten, sollte ich hier im nächsten Jahr wieder starten wolle, das mich niemand mehr in seinem Team haben möchte und ich als Einzelstarter die 24 Stunden angehen muss.

Nach den zwei Runden war ich nicht nur nervlich sondern auch kräftemäßig am Ende, zugleich aber total aufgedreht. Ich wusste das ich eine Mütze schlaf bekommen musste, sonst würden meine fest eingeplanten zwei Runden im Morgengrauen böse Ende. Ich legte mir Schaumstoffmatten im Heck des Vitos aus uns versuchte zu schlafen. Das gelang mir zum Glück auch bis um kurz nach fünf als ich durch einen Anruf von unserem Team geweckt wurde. Ich hatte mich nicht ordentlich abgemeldet und keiner wusste wo ich steckte. Die erste halbe Stunde wach war der Horror: Mir war kalt und ich zitterte. Ich trank ein RedBull und aß zwei PowerBars – what a breakfast! – und es begann mir langsam besser zu gehen. Jan erreichte pünktlich zum Sonnenaufgang, nachdem er seine zwei Runden absolviert hatte, unsere Box und übergab mir korrekt den Transponder.

Die Beine fühlten sich schlecht an, richtg Druck aufbauen war irgendwie nicht mehr möglich. Schnell merkte ich aber, das es den Anderen auf der Strecke genau so ging und ich konnte am Berg viele kassieren und ausspucken. Das nach der Runde noch eine Runde gefahren werden musste, half natürlich überhaupt nicht im Kopfkino. Der Film wollte einfach nicht richtig in Gang kommen. Also neue Taktik: Kino komplett ausschalten, einfach reintreten und irgendwann würde ich zum zweiten mal die Box erreichen. So kam es auch und ich konnte bei beiden Runden unter 60 Minuten bleiben.

In der Gesamtwertung rutschten wir zum Ende der Nacht zum ersten mal in die Top-100. Mal sehen ob wir das bis zum Ende halten können. Noch knapp 4 Stunden 2go

4 Antworten auf „Die Nacht »Rad am Ring«“

  1. Oh mann, so wie Du die Nacht das beschrieben hast, konnte ich das Adrenalin was Du drin hattest beinah selber fühlen.

    Solche Situationen sind echt der Alptraum.

    Ich werdemjetzt mal gucken, wo Ihr letztendlich gelandet seid. Aber auch ohne Kenntniss des Endergebnisses : Super Leistung, Gratulation an Dich und das Team.

    Franky

  2. Hallo Georg,
    da ich im Moment meilenweit weg vom Rennradfahren bin hatte ich nicht mitbekommen, dass du bei Rad am Ring starten wolltest. Um so spannender sind jetzt deine Berichte für mich. Ich hoffe, dass Ihr diese irre Herausforderung gepackt habt – und zufrieden zurückkommt / zurückgekommen seid!
    Gruß, Andreas

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