Bummeltour nach Blankensee

Lesezeit: 3 Minuten

oder »Demontage eines Mythos«


Man munkelt sich zu, der Garmin-Schorsch könne gar nicht langsam fahren, sogar er selbst behauptet das von sich. Als er mit 274 Kilometern Hamburg-Berlin in den Beinen einen Tag später bei der Spandauer RTF mit 38 km/h in der Spitzengruppe vorne im Wind fährt und dabei noch locker plauscht hätte ich ihm diesen Mythos sogar fast abgenommen. Aber ob dem wirklich so ist wollen wir doch mal sehen!

Die Tourankündigung auf Rennradnews für die Tour heute lautete folgendermaßen: »Tempo soll wirklich moderat sein. Also über 30 km/h sollte am Ende als Schnitt schon aufm Garmin stehen.«

Los geht’s um zehn am Auerbachtunnel. Außer mir und Georg taucht niemand auf, perfekt, denn so bleiben testosteronbedingte Competition, gleichbleibend hohes Tempo und Ortsschildsprints von vornherein aus.

Dank einer sprengungsbedingten Sperrung der Autobahn können wir ein paar Minuten idyllische Stille auf der Krone genießen. Als wäre die eingekehrte Ruhe Teil meines Planes verwickele ich Georg in ein Gespräch. Es funktioniert! Wir fahren unter 30 km/h! Doch als hätte er den Braten gerochen fährt er bald schon wieder vor mir und zieht das Tempo an. Was er allerdings nur bis zum Schäferberg halten kann, wo ich mir mit Absicht wenig Mühe gebe, schnell hinaufzufahren.

Weiter durch Potsdam, vorbei am schönen Schloß Sanssouci, wo ich kulturelle Begeisterung vortäusche und immer langsamer werdend jedes Gebäude ansehen muss. Bald schon haben wir die Kleinstadt mit ihrem Verkehr hinter uns gelassen, ein neuer Vorwand muss her! Ich heuchle Interesse an den Gräsergesellschaften der straßenbegleitenden Moore nahe des Schwielowsees, rufe sogar ein paar lateinische Pflanzennamen in den Wind. Im Augenwinkel sehe ich Georg ob des gefährlich niedrigen Schnitts schon nervös werden, er lenkt ein und ruft mir »so, aber jetzt mal wieder sportlich!« zu.

Nach und nach kommt sogar die Sonne zum Vorschein und es wird annähernd warm, aber eben nur annähernd. Mein Körper fühlt sich an, als würde er schon winterschlafen, nein, heute will der einfach nicht schnell treten! Weitere Verzögerungstaktiken müssen her!

Nahe Ferch, kurz vor dem R1-Radweg, gibt es eine kurze Riegelpause in der Sonne bevor uns der Wald wieder schluckt. Wir fahren eine tolle autofreie Strecke, naheliegend, nun nebeneinander fahrend wieder mit geschwindigkeitssenkenden Gesprächen zu beginnen.

In Blankensee belohnen wir uns mit Kaffee und Kuchen bevor es mit Rückenwind zurück gen Berlin geht. Doch selbst der nutzt nun nicht mehr viel, der Schnitt ist versaut, daran ist nicht mehr zu drehen. Georg wirkt zwischendurch sehr nachdenklich, ich vermute, er grübelt über die Schmach, wie er mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von unter 30 Kilometer pro Stunde vor der Weltöffentlichkeit bestehen kann…

Als wir nach ein paar Stunden wieder in Berlin ankommen ist es fix, unser Schnitt liegt unter der magischen 30er Linie, bei läppischen 27,7 km/h! Mein Plan ging auf,

Garmin-Schorsch kann auch langsam fahren – wenn er denn muss. Quod erat demonstrandum!

Fazit: Wieder eine wirklich schöne Tour bei angenehmem, für diese Jahreszeit fast schon fantastischem Wetter. Schnell war’s heute wirklich nicht, aber wenn sich mein Körper irgendwann mal an die Temperaturen gewöhnt haben sollte fahre ich gerne wieder schneller mit Dir!

5 Antworten auf „Bummeltour nach Blankensee“

  1. Hi Christine,
    super geschrieben, ich hab sehr geschmunzelt!!!! Hast du prima hinbekommen….der Georg mal unter 30…..welch Sensation!!! DAUMEN!!!!

    Georg,
    was du alles kannst!!!

    Wir sehen uns Samstag, ich freu mich!

  2. Sehr schöner Gastbeitrag!

    Da wurde der deutliche Beweis angetreten, dass der Schorsch zwar ein ausgeprägtes Raser-Gen hat, das Gentleman-Gen aber doch dominant ist 😉

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