Rhön-RTF

Lesezeit: 4 Minuten

155,6 km | 2.295 Höhenmeter


Am Samstag morgen um 3:40 Uhr holte mich Ralph W. mit seinem Saab-Kombi ab, um gemeinsam nach Hessen zum Rhön-Rad-Marathon zu fahren. Wir hatten uns viel für dieses Pfingstwochenende vorgenommen: In genau 4:20 Stunden wollten wir im rund 400 km entfernten Bimbach am Start zur 112 km Runde der Rhön-RTF stehen. Als Eingewöhnungsrunde und dann am Sonntag den Marathon-Supercup fahren.

Die Autobahn war leer und so erreichten wir um um kurz vor 8 unser Ziel. Es blieb genügend Zeit unsere Wertungskarten abzugeben, die 3,- EUR Stargebühr zu entrichten und uns und unsere Räder startklar zu machen.

Letzte Vorbereitungen vor dem Start zur RTF

Obwohl wir um kurz vor acht am Start waren gab es keine, wie in Berlin übliche, flotte Gruppe die gleich losbolzte. Genau das Richtig, denn wir wollten heute ruhig fahren und uns an die Wellen und die Straßen gewöhnen.

Unser Weg führte, begleitet durch fast wolkenlosen Himmel und Sonnenschein um 8 Uhr morgens, heraus aus Bimbach durch einen frisch duftenden grünen Wald. Der Belag war glatt und makellos, wie gerade für uns ausgewalzt, wir fühlten uns beide unmittelbar wie im Urlaub und freuten uns auf die Eindrücke und Kilometer die uns erwarten würden.

Es wurde auch schnell wellig und Anstiege legten sich uns in den Weg. Ralph war immer vorne weg und ich genoss das gezogen zu werden und nicht führen zu müssen. Ralph machte das nichts aus uns so erreichten wir auch schon die erste Kontrolle. Dort gab es nur sehr spärliche Verpflegung: Prinzenrolle-Imitat, Apfelschnitze, Banane und divers, obligatorische Rhönsprudel von dem Hauptsponsor.

Wir waren ein wenig enttäuscht und wünschten uns eigentlich beide etwas herzhaftes. Um so mehr lief uns das Wasser im Mund zusammen, als das Helferteam begann für sich Käse- und Salamibrötchen auszupacken. Da war aber für uns leider nichts dabei. Unsere Nachfrage bestätigte, das es an allen Kontrollpunkten heute nur diese Verpflegung geben wird. Ok, für 3,- EUR kann man auch nicht all zu viel verlangen. Man versprach uns aber das es beim Super-Cup am Sonntag ordentlich VIP-Verpflegung für die 33,- EUR Startgebühr geben werde. Na fein. Wir beschlossen unterwegs an einem Supermarkt außerplanmäßig Rast zu machen und dann die herzhafte Brotzeit nachzuholen.

Erstmal standen aber ein paar knackige Anstiege auf dem Programm. Ich fuhr diese relativ unmotiviert und so entschwand Ralph recht schnell weit vor mir. Oben wartetet er geduldig und machte Fotos.

An der Streckenteilung wollten wir Rast machen und entscheiden ob wir ggf. doch die lange Strecke fahren wollten. Wir wollten, denn das Wetter war hervorragend und die Beine fühlten sich gut an. Was hätten wir auch sonst tun sollen? Schon um 13 Uhr in der Pension hocken und der kommenden Dinge harren!? Wir waren ja schließlich zum Radfahren in die Rhön gefahren!

Nach dieser Entscheidung musste aber wirklich erst einmal Brotzeit gemacht werden und Ich steuerte relativ zielsicher einen Metzger an um dort Wurstsemmeln zu ordern. Die keineswegs überraschte Metzgerin erwiderte aber mit trauriger Miene, das bereits alle Brötchen aus seien. Sie habe schon die doppelte Menge verkauft! Da waren wohl noch andere Radler scharf auf was Herzhaftes! So musste dann leider doch ein Bäcker herhalten, wir stopften die süßen Backwaren in unsere Trikottaschen, denn die süßen Köstlichkeiten sollten erst oben auf dem Kamm der Hochrhönstrasse gegessen werden und nicht schon im Tal um auf dem Anstieg verdaut zu werden. Wir fanden ein herrliches Plätzchen in der Sonne und machten auf fast 900 m.ü.n.N. rast. Die Sonne war so warm das uns selbst dort oben nicht kalt wurde. Beim Blick gen Himmel waren wir uns sicher das das ein herrliches Wochenende mit den ersten wirklich sommerlichen Temperaturen in diesem Jahr werden würde.

Gestärkt wurde die dann doch recht zugige Hochrhönstrasse passiert und wir wurden mit einem herrlichen Rundumblick nach Bayern belohnt. Hinab ging es mit Topspeed von 75,7 km/h nach Fladungen wo die zweite Kontroll- und Verpflegungsstelle auf uns wartete. Hier gab es Brühe aus Kunststoffbechern und Eierwaffeln. Ein kleiner Upgrade. Nach erneutem Sonnenbad viel es uns beiden schwer wieder Tritt zu fassen um die restlichen Kilometer in Angriff zu nehmen – wir hatten erst knapp die Hälfte geschafft.

Es wurde wieder hügeliger und die Anstiege wurden länger und länger. Ich begann langsam aber sicher mürbe zu werden. Einrollrunden waren eigentlich nicht so schweißtreibend, aber das war ja ne waschechte RTF und keine Lullerrunde! So war ich recht froh als wir den Schwedenwall, den letzten hohen Ort unserer heutigen Tour erreichten. Dort gab es noch eine ausgiebige Verpflegung und es ging zurück von Bayern nach Hessen. Besonders schön fand ich Bischofshein: Das Zentrum der Ortschaft war liebevoll saniert und man konnte den Eindruck gewinnen, das hier die Zeit stehen geblieben war.

Nun wurde es flacher trotzdem konnten wir noch kurze Abfahrten genießen bevor wir wieder Bimbach erreichten.

Eine fast gelungene Einrollrunde, denn meine Schaltung ließ sich die ganze Runde über nicht sauber schalten. Das lag wohl an den neuen Kettenblättern, Kassette und Kette. Auch hatte ich einen Schleicher, welcher mir zum Ende der Runde die Luft aus dem Hinterrad drückte.

Zum Glück war ein mobile Werkstatt eines lokalen Radhändlers im Ziel. Dieser nahm mein Bike auf den Montageständer und justierte die Schaltung perfekt! Ein klasse Service, der mit ein paar Münzen in die Kaffeekasse belohnt wurde. Um den Schleicher wollte ich mich später selber kümmern.

Nach der vermeintlichen Reparatur und ausgiebiger Dusche fuhr ich mit Karin zurück zum Start/Ziel um an der verkochten Pasta-Party teil zu nehmen.  Nach dem Essen gab es noch eine Präsentation von Lightweight, einem weiteren Sponsor, auf der Bühne des Festzelts von deren überlegenen Felgen, auf der ich erfreut Stephan, Eike und Sebastian entdeckte, welcher die Vorzüge dieser Laufräder und die positiven Fahreigenschaften vor großem Publikum beschrieb.

Im Anschluss fand eine sehr professionelle Etappenpräsentation mit dem Beamer auf der großen Leinwand statt. Die morgige 212 km lange Marathonstrecke wurde in Sektoren geteilt und mit Hilfe von 2- und 3D-Diagrammen genau die Anstiege mit maximaler Steigung und Höhenmetern beschrieben. Anders wird es wohl bei der Tour-de-France auch nicht laufen. Ich war überrascht und erfreut über die professionelle Präsentation und Organisation. Das alles machte viel Vorfreude auf den morgigen Tag!

Zurück in der Pension verabredeten wir uns noch mit Karin für einen Abendspaziergang in unserem Kurort inklusive Absacker im 1839 erbauten Kur-Park, wo eine Liveband undefinierbare Big-Band Musik spielte. Es war schon halb 11 und nun hieß es schleunigst in die Heia, denn der Wecker sollte uns schon um 4:30 Uhr unseren Träumen entreißen.

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