Distanz: 524 km | Höhenmeter: 7605 m | Zeit in Bewegung: 20 h
Nun ist es gut eine Woche her und ich hatte Zeit, die vielen Eindrücke zu verarbeiten. Es war wieder eine phantastische Reise in die Tschechoslowakei. Der Start war, wie schon in einigen vergangenen Jahren in Chemnitz. Wir hatten wunderbares Frühlingswetter und so fiel die Kleidungs-Wahl auf mit-ohne Windweste. Sorgfältig geplante Tracks führten uns heraus aus der Stadt. Es wurde schnell hügelig und ich merkte, daß meine Beine, durch den 12-tägigen Mallorca Aufenthalt gut auf die kommenden Höhenmeter vorbereitet waren.
Das war auch nötig, denn der Fichtelberg sollte musste befahren werden. Das erste Etappenziel war die historische Stadt Loket (Ellenbogen), die mit vielen alten Steine und Historie auf uns wartete. Ein klasse Hotel machte die Nachruhe zur puren Erholung. Nach einem umfangreichen Frühstück ging es dann weiter nach Pilsen. Ein Ort, welchen ich noch nicht bereist hatte, der allerdings, aufgrund seines einprägsamen Namens meine Neugier geweckt hatte. Wir wurden nicht enttäuscht: Erneut ein klasse Hotel, neben welchem sich fußläufig eine Brauerei befand, welche leckersten Gerstensaft zu sehr akzeptablen Preisen feil bot. Radlerherz: Was wünscht du mehr zur muskulären Entspannung, als ein kaltes Bier!?
Der richtige Endpunkt wurde gefunden, denn am kommenden Tag durften wieder viele Höhenmeter erklommen werden. Wir waren ja schließlich zum Sporteln und nicht zum Biertrinken hier!
Diesmal war das Tagesziel Chomutov. Eine, mir bereits aus vorherigen Reisen bekannte, Stadt mit viel Sportsgeist und einer riesigen Eishockey-Ausbildungsstätte mit angeschlossenem Hotel, in welchem wir nächtigen durften. Klasse!
Am letzten Tag ging es dann zurück nach Chemnitz, nicht ohne wieder einige Kanten mitzunehmen. Darunter auch der Keilberg, der sich über die neu asphaltierte Zufahrtstrasse aus Tschechien hervorragend fahren ließ. Wären da nicht die rücksichtslosen PKW-Lenker, welche immer wieder mit minimalstem Seitenabstand überholen mussten. Ärgerlich.
Auch diese kleine Unwägbarkeit wurde überwunden und so wurde bei herrlichem Sonnenschein erneut Chemnitz erreicht. Ein wundervoll organisiertes Radfahr-Event ging zu Ende und ich freue mich schon auf die Reise in 2025!
oder bestes Training™ kann Mallorca 2023 noch verbessert werden?
Nun ist es gut ein Jahr her, daß hier der letzte Eintrag abgesetzt wurde. Einige Trainingskilometer ohne ausführliche Dokumentation wurden abgespult. Es war ein sehr durchwachsenes Sportjahr. Manchmal fehlte mir die Motivation was zu sporteln, manchmal waren meine anderen Hobbys oder Freundschaften zu pflegen einfach wichtiger. Egal was passierte: Radsport war immer im Hinterkopf fest verankert.
Wenn es regnete gab es immer eine (neue) ZWIFT-Rolle, auf der trainiert wurde und das Fitness-Level irgendwie gehalten werden konnte. Nicht wirklich gut, denn zu längeren Einheiten, also mehr als 60 Minuten kurbeln, konnte ich mich seltenst motivieren.
Der Arbeitsweg wurde so gut wie immer mit dem Rad abgespult, was allerdings keine echten Trainingsreize setzte. Wie auch immer, lange Einheiten gab es sehr wenige. Keine Ostsee-Tour oder ähnliche 200-Kilometer-RItte. Ich traute mir dies einfach nicht zu. Nichts desto trotz meldet ich mich für 2024 für gleich vier (!) Radreisen an: Mallorca, ITF-Friedensfahrt, Vogesen und Zentralalpen mit dem legendären Alpe d’Huez. Schon ein wenig verrückt für so einen mehr schlecht als recht durch den Winter gekommenen Rennrad-Enthusiasten.
Also erstmal Mallorca auf dem Spielplan. Zu allem Überfluss hatte ich mich in einer kleinen Herbst-Euphorie für den MA312 angemeldet. Ein Radrennen auf Mallorca, welches mit Superlativen glänzt: 312 Kilometer auf knapp 5.000 Höhenmeter. Nix für ungeübte Radlerwaden. Aber immer sachte, nix überpacen, auch im Kopf nicht. Ich mache dies ja immer noch zur Freude und zum Ausgleich, nicht für Ruhm oder Geld. Sollte es nix werden auf den ersten Kilometern, respektive Höhenmetern, auf Mallorca, dann würde ich das Dinge einfach absagen. Achso, mein Trainingstagebuch, zeigte zwei oder drei Touren über 100 Kilometer in 2024. Suboptimale Vorbereitung nennt man sowas glaube ich. Tief im Trainings-Soll. Auf der Haben-Seite stand ein neues Rennrad, welches ein echtes Traum-Rad für mich ist: Cannondale SuperSix EVO Carbon Disc Ultegra Di2
Weiter auf der Haben-Seite stand, daß meine Blutwerte endlich im Norm-Bereich sind. Nach fast 10 Jahren habe ich es geschafft meine Hämoglobin-Werte zu stabilisieren. Die Anämie (Blutarmut) konnte ich mit einem Medikament eliminieren. Der eigentliche Effekt davon wurde mir erst auf der Insel klar: Schon am zweiten Tag, bei unserer Tour hoch zum Kloster Randa merkte ich, welches Potential in meinen Waden schlummerte. Ich konnte richtig drücken und den Berg Hochstiefeln ohne Schmerzen, dicke Beine oder Atemnot. Es fühlte sich unglaublich an. So stelle ich mir Höhentraining oder eine Epo-Kur vor. Auch mein Puls ging normal nach oben, ohne am Grenzbereich zu kratzen. Ok, manchmal schon, allerdings alles kontrolliert und ohne, daß mir schwindelig oder gar schwarz vor Augen wurde. Was für eine neue Rennrad-Radfahr-Lebensqualität! Wahnsinn!
Natürlich war nun auch der Ehrgeiz geweckt und ich wollte sehen was auf den klassischen Strava-Segmenten für mich drin war. Ohne es vorweg zu nehmen: Einiges. Es hagelte »PRs« (personal Records) am laufenden Band und das breiteste Radler-Grinsen im Berg in meinem Gesicht.
Jetzt nur nicht übermütig werden, die wenigen 100-Kilometer-Ritte aus dem Winter schwingten immer mit. Die Bande hatte sich mit langen Gravel-Touren durch den Winter fit gehalten. All dies fehlte mir. Würde diese neu gewonnene Berg-Härte auch auf der langen Distanz halten? Ein erste echter Test war unsere lange, klassische Palma-Tour. Einer meiner Platin-Standart-Berge, der Coll Cres auf dem Weg in die Inselhauptstadt, auf dem alles gegeben werden konnte musste und dann noch ordentlich nach Hause mit Kloster-Lluc am Ende, aka »Tankstelle« – noch nie gefahren, weil jedes mal die Körner hintenraus fehlten. Auch diesmal: Keine Körner bzw. neumodisch »Stamina« mehr. Aus die Maus. Hinter Palma war ich leer. Da half auch der Beste Kuchen der Insel bei Sa Sini in Santa Maria nix. Da fehlten einfach die Trainingskilometer. So ist das. Da gibt es nix zu optimieren.
Der »Race-Tag« rückte näher. Mit gemischten Gefühlen und einer fetten Portion »Respekt« erwachte ich nach viel zu wenigen Stunden unruhigsten Schlafes um an den Start zu gehen. Mit meinen »Besties« als Co-Piloten konnte ich eigentlich nicht rechnen, bei dem Vorhaben »MA312«. Aus Gründen, denn nie konnte ich in den vergangenen Rennrad-Dekaden mit denen die Berge hoch-ochsen. Immer war ich zu langsam und musste meinen eigenen Stiefel fahren. Das war diesmal anders: IronMan-Heiko bot sich an, daß Ding mit mir zusammen zu rocken! Wir verabredeten uns locker aber bestimmt, aufeinander aufzupassen. Also konkret die Berge kontrolliert hoch zu düsen, kontinuierliche Steigungsgeschwindigkeit (VAM Ø 30 Sekunden). Aerober Puls. Plaudertempo und nicht dabei trödeln, so stiefelten wir den Berg mit tausenden Gleichgesinnten, in den Sonnenaufgang hoch. Das geht mit genug Hämoglobin im Blut. Was für eine riesen Freude! Die Verpflegungspunkte wurden strategisch so angegangen, daß nur Wasser und Nahrung getankt wurden, und nie wirklich pausiert wurde. Genau mein Geschmack: Nicht hinhocken und den Kreislauf nie wirklich runter fahren. So schafften wir es auch mit ein wenig Rum-gerechne zur ersten Cut-Off-Station. Jetzt hatten wir 5 Stunden Zeit für die kommenden bergigen 100 Kilometer. Das sollte zu schaffen sein. Mit viel Selbstvertrauen ging es in den Sektor. Alle kommenden Anstiege wurden mit Freude erklommen. Ein wenig Bammel vor Krämpfen hatte ich zwar, allerdings achtete ich immer streng darauf nicht zu über-pacen. Gewinnen wollte ich das Rennen ja eh nicht.
So schmolzen die Kilometer und die nächste Cut-Off-Station rückte näher. Auch diese wurde mit ordentlich Puffer passiert. Muy bien!
Obwohl nun die meisten Höhenmeter abgespult waren, lagen noch 100 Kilometer mit rund 1.000 Höhenmetern vor mir. In der Ebene spielte nun der Wind auch eine nicht unerhebliche Rolle. Gefühlt meist nicht in meinem Interesse, also von vorne. Egal, eine etwas schwächere Gruppe mit einem Mechanisme-Häschen am Ende half beim Vortrieb: Was für ein Ausblick! Die Gruppe zwang auch zum ordentlich fahren, also Gefahrenstellen anzeigen und Wiegetritt-Anzeigen. Immer schön Vorbild sein. An den kurzen Anstiegen waren die mir dann oft zu langsam und ich langte noch mal rein und überholte um Erster oben zu sein. Verrückt – das liest sich sicher wie eine Angeber-Geschichte, oder?
Viele fluchten in verschiedensten Sprachen, ob des extrem welligen Terrains. »Jorge montaña« freute sich und genoss.
Dann war doch irgendwann die Sehnsucht nach dem letzten Pausenpunkt extrem groß. Einige Rennrad-Kollegen hatten mir bereits von der Volksfest-Stimmung in Artá berichtet. Die Vorfreude wurde nicht enttäuscht: Sehr beeindruckend wie ausgelassen dort alle Radfahrer gefeiert wurden. Man wurde mit Bier- und Cola-Tabletts begrüßt! Ein halber Becher musste reichen, denn es waren noch gut 30 Kilometer ins Ziel. Eine leicht abfällige Straße, dezenter Schiebewind und eine gute Gruppe, aus der ich immer wieder vorne rausballern konnte, machen die letzten 45 Minuten zu einem Hochgenuss. Erschöpfung? Darf es morgen geben! Heute nicht!
Als ich dann im Ziel war, war ich doch sehr froh und irgendwie total überfordert: Zu viele Menschen, kein Vortrieb, einfach rumstehen. Das war gar nicht so einfach. Zum Glück erwischten mich Timo und Heiko und drückten mir Bier- & Nudel-Gutscheine in die Hand. Minuten Später erreichte auch Michi das Ziel. Nun gab es mein erstes ganzes (alkoholisches) Bier auf der Insel: Erschöpft, vollgepumpt mit Dopamin, Serotonin und Endorphin und leicht einen Sitzen inmitten von Freunden mit einem Teller-Pesto-Nudeln vor einem: Gibt es was besseres?
Jetzt mussten wir nur noch knapp 10 km im leichten Nieselregen und bei Dunkelheit zum Hotel zurück und der lange, unvergessliche Tag ging zur Neige. Was für ein Erlebnis!
Gestärkt und mit ganz viel neuen Eindrücken hätte die Rennrad-Reise-Saison besser nicht beginnen können! Unendlicher Dank geht an die »2024-Mallorca-Freunde« für die sturz- und pannenfreie Begleitung auf den 1.020 Kilometern in 12 Tagen auf dieser wundervollen Insel!
Einige haben mich bereits gefragt, warum ich denn auf Mallorca bin und es keine täglichen Blog-Beiträge mehr von mir gibt. Dieses Jahr habe ich mich bewusst dagegen entschieden, jeden Tag zu dokumentieren. Ich wollte frei vom Druck sein, nach jeder Ausfahrt in die Tasten hauen zu müssen und einen Bericht des Tages abliefern zu müssen. Viele Dinge sind ja auch redundant auf der Insel und müssen nicht wieder und wieder erzählt werden. Genau wie die Strecken die wir hier fahren. Ich wollte einfach genießen und alles von Neuem auf mich wirken lassen. Das ist mir gelungen und es fühlte sich sehr sehr gut an.
Eine kurze Zusammenfassung möchte ich doch hier abliefern: Michael S. hatte für uns im Herbst 2022 die Reservierungen vorgenommen und ich musste ausschließlich den Flug buchen, was für eine sehr bequeme Reiseplanung gesorgt hat. Vor Ort fand sich fast die identische Crew wie in 2022 ein. Heiko, Micha, Yannis, Andi, Robby und Juliane waren das Kern-Team in unserer Anlage und Timo und Volker wurden über Social-Media zu den Touren eingeladen. Die BarRacer bereicherten in den ersten Tagen ebenfalls das Team.
Diese kleine, aber feine Gruppe war sich dann meist fast immer einig, was gefahren werden sollte – nicht musste. Wenig Trainingsstruktur, wie in den vergangenen Jahren, dafür stand mehr das Erleben im Vordergrund. Die Landschaft, die Eindrücke und das Beisammensein wurden gefeiert, weniger die Trainingsreize und die Fitness-Punkte. Die Seite auf dem Garmin mit meinen PRs und KOMs blieb zugeklappt. Keine Jagd nach Rekorden wie in 2019, wo ich es nochmal wissen wollte. Mein neuer Garmin brachte mir allerdings viel Spass und Motivation, die neuen Funktionen auszuprobieren. Das neue Stamina-Feature und die Akkulaufzeit sind phenomenal.
Das ausgezeichnete, stabil warme Inselwetter tat ein übriges und so wurde dieses Trainings-Camp zu einem der Besten, wenn nicht dem Besten, welches ich auf der Insel bisher erleben durfte.
Ein Wermutstropfen blieb: Ich hatte keinen Startplatz für die MA 312 Veranstaltung ergattern können. Das lässt sich vielleicht sicher für 2024 korrigieren!? Der Termin steht: Mal sehen, was noch so passiert!
Die schnöden Fakten aus 9 Ausfahrten in 11 Tagen auf der Insel:
1.116,61 Gesamtkilometer
42,3 Stunden mit Radeln inkl. Kuchen-Pausen verbracht